: Keine Hausaufgaben mit Musik!
■ Beim Bremer Landeswettbewerb „Jugend forscht“ lassen die SchülerInnen wenig aus: Vom Musik-hören bei den Hausaufgaben bis zur Sturzsicherung am Rolli ist alles dabei / Ein Überblick
Jugend forscht. Jedes Jahr findet ein bundesweiter Wettbewerb statt, zu dem SchülerInnen sich in den verschiedenen naturwissenschaftlichen und technischen Sparten anmelden können. Voraussetzung: Eine altersgemäße Beschäftigung mit einem „Problem“, das ErfinderInnen und EntdeckerInnen herausfordert. Für die SchülerInnen der Mittelstufe ist dem eigentlichen Wettbewerb „Jugend forscht“ die Veranstaltung „Schüler experimentieren“ vorgeschaltet.
Bei den Bremer „Vorausscheidungen“ in diesem Jahr stellten insgesamt 219 TeilnehmerInnen ihre Arbeiten in einem großen Zelt auf dem DASA-Astrium-Gelände aus. Dabei gab es wieder den traditionellen Schwerpunkt der Bremer Anmeldungen im Fachgebiet Biologie. Und wieder wurde hier ein erster Preis vergeben, anders als in den Bereichen Physik und Chemie. Wichtig: Nur „erste“ Landes-PreisträgerInnen werden zur Teilnahme am Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ zugelassen.
Beim Bremer Landes-Wettbewerb „Schüler experimentieren“ und „Jugend forscht“ gibt es nichts, was es nicht gibt. „Entwicklung neuer diagnostischer Marker zur Differenzierung von Schilddrüsen-Tumoren“ waren beispielsweise ein Thema. „Beeinflusst Musik die Konzentrationsfähigkeit?“ ein anderes. Die 14-jährige Vera Jan (oben, mit Messgerät) von der Heinrich-Heine-Schule in Bremerhaven hat mit 24 Schülerinnen und Schülern von 13 bis 15 Jahren dazu systematische Tests durchgeführt. Überraschendes Ergebnis: „Leise Pop-Musik“ stört die Konzentration am stärksten, „laute Klassik“ kommt direkt danach. In Einzelfällen verdoppelte sich bei den Probanden sogar die Fehlerzahl, etwa beim Hausaufgaben-machen mit Musik. Fazit: „Man sollte während der Hausaufgaben keine Musik hören, denn am wenigsten Fehler machten die Testpersonen ohne Musikbegleitung.“ Vera Jan machte bei „Schüler experimentieren“ den 1. Preis im Fachgebiet Biologie.
„Auf die Idee, einen Dame spielenden Roboter zu entwickeln, kamen wir bei unseren ersten Experimenten mit dem Roboter-Bausatz LEGO Technik Invention System“, schreiben die beiden 15-jährigen Schüler Julius Krebs und Henning Günther vom Schulverbund Lesum. „Wir wollten ausprobieren, wie weit dieses System für komplexere Programme tauglich ist.“ Mit dem Bausteine-System Lego konstruierten sie ein Gerät (oben), das vom Computer angesteuert Spiel-steine bewegt. Es muss gleichzeitig Spielsteine entfernen oder neue auf das Brett an die bezeichnete Stelle setzen können. „Über ein selbst programmiertes Dameprogramm werden die vom Spieler bestimmten Züge auf den Minicomputer übertragen.“ In der Konkurrenz des „Schüler experimentieren“-Wettbewerbs war für die zwei diesmal (noch) kein Preis drin.
Richtig begeistert waren die Astrium-Gastgeber von „Jugend forscht“ natürlich über zwei Schüler vom Hermann-Böse-Gymnasium: Andreas Porthun und Martin Konopka (unten) hatten das Thema „Forschung unter Schwerelosigkeit“ gewählt: Warum 10.000 Dollar pro Kilo Nutzlast bei Weltraumflügen bezahlen, wenn man nur kleine Lasten bei seinem Experiment hat?, fragten sie. „Ziel dieser Forschungsarbeit ist es, mit einem Modellflugzeug eine kostengünstige Plattform für Kleinversuche in der Schwerelosigkeit zu schaffen.“ Ihre Idee: Der computergesteuerte Parabelflug eines Modellflugzeuges. Erreichbare Phase der Schwerelosigkeit: Sieben Sekunden, das ist mehr als der Bremer Fallturm erlaubt. Gespeichert werden die Daten von einem Microcontroller, und gleichzeitig über eine Telemetrieeinheit zum Boden gefunkt. Die Arbeit wurde bei „Jugend forscht“ mit einem 1. Preis im Fachbereich Technik belohnt.
Der 14-jährige Mirco Streibel von der Integrierten Stadtteilschule Hermannsburg hat mit der Brennstoffzelle experimentiert. „Fahrzeuge, Kraftwerke, Maschinen und Geräte ohne Schadstoffausstoß - das könnte bald Wirklichkeit werden“, schreibt er: Die Brennstoffzelle lässt Wasserstoff und Sauerstoff sich zu Wasser verbinden - „dabei wird theoretisch die Menge elektrischer Energie wieder abgegeben, die bei der Elektrolyse zur Spaltung notwendig war.“ Für diese Beschäftigung war die Teilnahme am Wettbewerb die Anerkennung.
Richtig „Jugend-forscht“-preiswürdig schienen der Jury die Experimente des 12-jährigen Benjamin Ehring von der Bremerhavener Johan Gutenberg-Schule. Er hat mit „Formgedächtnislegie-rungen“ experimentiert, d.h. mit Metall-Legierungen, deren Kristall-Gefüge ihnen einen „Gedächtniseffekt“ verleiht (1. Schüler-Preis Physik).
Nathalie Wittfoth, Yannik Suchert (11 Jahre) und ihr Freund Nils Kastens (12 Jahre) gehen zur Integrierten Stadtteilschule Hermannsburg, Nils ist dort auf der Sonderschule für geistig und körperlich Behinderte. „Wegen seiner Körperbehinderung sitzt Nils im Rollstuhl“, schreiben die drei. Ihnen ist „aufgefallen, dass Nils' Rollstuhl mit keinerlei Sicherung gegen Kippen nach vorn ausgestattet ist“. Sie haben ein Rollstuhl-Modell aus Holz gebaut. Dabei schnellt eine Sicherungsstange beim Kippen hervor. Damit der Rollstuhl rechtzeitig „erkennt“, dass er kippt, haben die 11-Jährigen eine Ultraschall-Ortung hinten am Rollstuhl angebaut, dies den Abstand zum Boden kontrolliert. K.W.
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