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Frauen ans Motherboard

Interview mit Axel Viereck (48), Leiter des bundesweit ersten Informatikstudiengangs für Frauen an der Uni Bremen

taz: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes boomt das Informatikstudium wie nie zuvor. Allein von 1999 bis 2000 stieg die Zahl der Studienanfänger um 36 Prozent. Der Anteil der angehenden Informatikerinnen hingegen ist sogar leicht sinkend. Woran liegt das Ihrer Ansicht nach?

Axel Viereck: Informatik wird immer noch ganz stark mit Technik und Ingenieurwesen konnotiert. Das wiederum sind beides Assoziationen, die Frauen leider immer noch vom Studium abschrecken; das müssen wir ja auch in den Studiengängen Maschinenbau und Elektrotechnik seit Jahren beobachten. Bei Informatik war das übrigens interessanterweise einmal anders: Als Mitte der Siebzigerjahre die ersten Studiengänge gegründet wurden, waren noch mehr Frauen dabei. Auch heute ändert sich der Eindruck, sobald Sie sich verwandte Studiengänge wie beispielsweise Medieninformatik betrachten: Dort studieren anteilsmäßig sehr viele Frauen – offenbar ist das ein Fach, das nicht als reine Männerdomäne wahrgenommen wird.

In Bremen, wo sich bereits seit Jahren die Sommeruniversität „Informatica Feminale“, die sich speziell an Frauen richtete, bewährt, wurde im vergangenen Jahr der erste Informatikstudiengang für Frauen eingerichtet. Wie ist die Resonanz?

Sehr gut. Auf 30 Plätze haben sich auf Anhieb knapp 100 Frauen beworben.

Lag das speziell an der frauenspezifischen Ausschreibung?

Sicher nicht nur. Als erstes Argument für unseren Studiengang gaben die meisten die Praxisorientierung an; erst dahinter folgte das Studium unter Frauen. Diejenigen, die auf unsere Nachfrage erklärt haben, sie hätten sich nicht beworben, wenn sie mit Männern hätten studieren müssen, waren doch eindeutig in der Minderheit. Dennoch machen wir die Erfahrung, dass ein Studium nur unter Frauen etwas ganz Anderes ist als ein gemischtes.

Warum?

Weil wir feststellen, dass die Frauen in ihren Gruppen sehr entspannt arbeiten und sich wohlfühlen – und damit natürlich auch die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Studienabbruchs sehr gering ist. Zu diesem Ergebnis hat auch ein Gutachten ergeben, das wir vorab an der Berliner Humboldt-Universität haben erstellen lassen: Ein Frauenstudium schafft eine besondere Atmosphäre, reicht aber als alleiniges Kriterium für einen Studiengang nicht aus.

Was ist in dem Bremer Studiengang sonst noch anders als anderswo?

Das Studium ist sehr anwendungsorientiert: Neben den klassischen Kernveranstaltungen zur Informatik bieten wir schon im Grundstudium zahlreiche praxisorientierte Seminare an: zur Gestaltung von Benutzungsoberflächen oder zu den Themen Internet und Medien oder Informatik und Gesellschaft. Im 3. und 7. Semester arbeiten die Studentinnen außerdem in Projektform an Programmentwicklungen, die in Zusammenarbeit mit Unternehmen auch in die Praxis umgesetzt werden. Und: Die Studentinnen müssen ein Auslands- und ein Praxissemester absolvieren. In hoffentlich naher Zukunft wollen wir außerdem auch unsere Homepage für virtuelle Veranstaltungen nutzen.

INTERVIEW: JEANNETTE GODDAR

Weitere Informationen zum Informatikstudiengang für Frauen:www.informatikerin.hs-bremen.de

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