Roth-Grün als Frankfurter Vision

Nach der Kommunalwahl: Frankfurts OB Petra Roth und die Spitzen der CDU trafen sich mit den Grünen. Und siehe da: Schon wird über eine neue Koalition im Stadtparlament gemunkelt. Jetzt fehlt nur noch die FDP – und die SPD bliebe in der Opposition

von KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Dass die Grünen in Frankfurt das noch erleben durften. Zünglein an der Waage spielen sie jetzt im Römer, umworben von CDU und SPD. Denn ohne die 13 Stadtverordneten der Grünen geht fast nichts mehr; nur noch die große Koalition. Und die will die SPD angeblich nicht (mehr); wegen der Schwarzgeldaffäre der CDU. Auch die alte und neue Oberbürgermeisterin der Kapitale des Euro, Petra Roth (CDU), die ihren Gegenkandidaten Achim Vandreike (SPD) bei der Stichwahl am vergangenen Sonntag knapp auf Rang zwei verwies, träumt angeblich schon von einer anderen Mehrheit im Stadtparlament: Schwarz-Grün-Gelb. Arithmetisch kein Problem nach der Kommunalwahl vom 18. März.

Am Mittwochabend konferierten schon einmal die Spitzenpolitiker von CDU und Grünen im Römer. Es sei sogar gelacht worden, berichteten die grüne Schuldezernentin Jutta Ebeling und der Kreisvorsitzende der Union, Udo Corts, danach übereinstimmend. Und ein Ergebnis der „Sondierungsgespräche“ (Grüne) liegt auch schon vor: Die Landespolitik bleibt draußen vor der Tür. Eine zwingend notwendige Entscheidung, wenn beide Parteien nach den Osterferien tatsächlich ernsthafte Gesprächen zunächst über Sachthemen, dann auch über „Personalia“ aufnehmen wollen.

Die Schwarzgeldaffäre der CDU ist also kein Thema mehr; und die Widerstandshaltung der Grünen zu den von der CDU befürworteten Ausbauplänen für den Flughafen auch nicht. Dass die CDU die kleine FDP (3 Sitze) mit ins Boot nehmen möchte, schmeckt den Grünen nicht. Zwingend sei das nicht, sagt Ebeling. CDU und Grüne könnten die Stadt auch allein regieren. Zum Schrecken wohl nicht nur der SPD, deren gescheiterter Spitzenkandidat Vandreike umgehend den drohenden Ausschluss der zweitstärksten kommunalpolitischen Kraft von der „Gestaltungsarbeit Stadt“ beklagte. Auch die Basis der Grünen selbst steht einer möglichen Koalition mit der CDU – oder auch einer nur punktuellen Zusammenarbeit – eher skeptisch gegenüber. Kongruent seien nur wenige Politikfelder. Und die Differenzen groß, etwa in der Verkehrspolitik oder bei Bürgerrechtsfragen.

Mit einem „Sauberfraukonzept“ (Grüne) für die Stadt verschreckte Roth ohnehin gleich nach ihrer Wiederwahl die Mitglieder der Grünen. Mehr Überwachungskameras sollen installiert werden, die Graffiti verschwinden und die Berber gleich mit. Besonders in den Ortsbeiräten plädieren viele Grüne auch deshalb für eine Politik der wechselnden Mehrheiten im Römer. Schon auf der Kreisversammlung der Partei vor der Stichwahl zeichnete sich bei den Mitgliedern eine Tendenz zur Unabhängigkeit ab.

Und Vandreike? Der wollte gleich nach der Wahl mit allen großen Parteien koalieren – einschließlich der CDU. Jetzt hat Vandreike von linken Genossen eine andere Vision aufs blaue Auge gedrückt bekommen: Die von der „linken Gestaltungsmehrheit“ aus SPD, Grünen, PDS, FAG (Flughafen-Ausbaugegner) und Europaliste. Doch auch da geht wenig zusammen. Die FAG würde politischen Suizid begehen, sollte sie die „Flughafenpartei SPD“ (FAG) im Stadtparlament stützen. Und eine Zusammenarbeit mit der PDS dürfte vielen Sozialdemokraten sauer aufstoßen. Ohne Ergebnis blieb denn auch das kurze Gespräch zwischen SPD und Grünen in der Nacht zum Freitag. Befragt nach dem wahrscheinlichen Ausgang des Politpokers am Main, sagte Grünen-Fraktionschef Lutz Sikorski der taz: „Schwarz-Grün, ob mit oder ohne Gelb ist mir wurscht. Oder große Koalition.“ Schwarz-Grün, sagt er dann noch, werde aber „in der Partei nicht durchsetzbar“ sein.