: Nachhilfe für Süssmuth und Schily
Paritätischer Wohlfahrtsverband fordert ein Bundesamt für Migration – und feste Quoten für Einwanderer
BERLIN taz ■ Die Botschaft war deutlich: Was die rot-grüne Regierung in der Einwanderungspolitik macht, ist im Ansatz schon richtig, aber jetzt soll sie mal in die Puschen kommen. „Wir brauchen Einwanderung, die umfassend gesetzlich geregelt und damit anerkannt ist“, forderte die Chefin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Barbara Stolterfoht, gestern in Berlin Und fügte hinzu: „Wir fordern ein Bundesamt für Migration.“
Während sich SPD und Grüne immer noch nicht festgelegt haben, ob sie in dieser Legislaturperiode ein Zuwanderungsgesetz beschließen wollen, verlangt Stolterfoht eine „Abkehr von der bisherigen Politik des Durchwurstelns“. Und zwar schnell: Wegen der demographischen Entwicklung dürfe man Lösungen nicht auf die lange Bank schieben. „In Kürze ist das Boot so leer, dass wir niemand mehr zum Rudern haben“, warnte die frühere hessische Sozialministerin. Gefragt sei „ein Zuwanderungs- und Integrationskonzept, das seinen Namen verdient“.
Den zuständigen Innenminister, Parteifreund Otto Schily (SPD), hält sie dabei offenbar für überfordert. Um die Kompetenzen zu „bündeln“, schlägt Stolterfoht ein eigenständiges Bundesamt für Migration vor. „Die bisherige Verkürzung auf rechtliche Aspekte und die damit verbundene Federführung des Innenministeriums“ werde der Komplexität des Themas „in keiner Weise mehr gerecht“.
Stolterfoht will auch nicht warten, bis Schilys Beauftragte Rita Süssmuth (CDU) im Sommer die Ergebnisse der Zuwanderungskommission vorstellen wird. Um den zauderlichen Regierungspolitikern schon jetzt auf die Sprünge zu helfen, legte die Sprecherin von 9.000 Wohlfahrtsorganisationen eine Agenda vor. Zentrale Forderungen: Her mit Einwanderungsquoten und weg mit dem „Flickenteppich“ rechtlicher Regelungen im Ausländer- und Asylrecht.
Die Politik müsse grundsätzlich klären, wie viele Menschen als „Arbeitsmigranten“ kommen dürften und eine entsprechende Quote festlegen. Diese sollte sich an den Interessen der Wirtschaft, aber auch an der Altersentwicklung der deutschen Bevölkerung orientieren. Weitere Zuwanderung sei dringend nötig, „wenn die Deutschen künftig nicht erst mit 77 in Rente gehen wollen“.
Rot-Grün habe diese Realitäten zwar anerkannt, aber „noch nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen“. So könne der „Standort Deutschland“ nur attraktiv werden, wenn Arbeitsmigranten ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten – und nicht wie bei der Green Card mit Kurzzeitvisa abgespeist werden. Ausländer von innerhalb und außerhalb der EU sollten „weitgehend“ gleichgestellt werden. Der Vorrang für EU-Bürger bei der Jobvergabe müsse wegfallen. Ebenso das Arbeitsverbot für Asylbewerber. „Es ist nicht einzusehen“, sagte Stolterfoht, „dass Flüchtlinge aus öffentlichen Mitteln unterhalten werden, wenn sie genauso gut arbeiten könnten.“
LUKAS WALLRAFF
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