: SPD: Arbeitslose doch nicht faul
Nur wenige Tage nach Kanzler Schröders Vorstoß gegen „faule“ Arbeitslose bemerkt auch die SPD, dass das Problem eigentlich woanders liegt, und glättet die Wogen wieder
BERLIN ap/dpa ■ Ein Recht auf Faulheit mag die SPD den Arbeitslosen zwar immer noch nicht zugestehen – doch bemühte man sich gestern um eine differenziertere Darstellung der Problemlage. Bundeskanzler Schröder hatte mit seiner Ankündigung, Arbeitsunwilligen die Unterstützung zu kürzen, heftige Kritik provoziert. Unterstützung fand er dafür fast ausschließlich bei Union und Unternehmerschaft, SPD-Linke und Gewerkschaften hatten ihn dagegen lautstark kritisiert. Ver.di-Chef Bsirske bezeichnete die Debatte als Ablenkungsmanöver.
Gestern suchte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering die Wogen zu glätten: Den Ausspruch wolle die SPD nicht als Provokation gegen unverschuldet erfolglose Jobsuchende verstanden wissen, erklärte er nach einer Parteiratssitzung in Berlin. Schröders Äußerung sei im Gesamtzusammenhang aller Bemühungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu sehen. Es dürfe sich kein Sockel von Langzeitarbeitslosen bilden, „die von der Wohlstandsgesellschaft finanziert werden, aber nicht gedrängt werden, mitzumachen“.
Müntefering räumte ein, dass dort, wo die Arbeitslosigkeit hoch ist, dies als Provokation verstanden werden könne. Das Problem stelle sich auch eher dort, wo die Arbeitslosenquote generell eher gering sei, fügte er hinzu. Zuvor hatte Mecklenburg-Vorpommerns Arbeitsminister Helmut Holter (PDS) erklärt, dass in seinem Bundesland 180.000 Arbeitslosen etwa 8.400 offene Stellen gegenüberstünden. Insofern könne es vorrangig nicht darum gehen, den „Leistungsmissbrauch“ zu verfolgen, sondern vielmehr darum, neue Jobs zu schaffen – vor allem im Osten Deutschlands.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen