: Ist der Richter im Toros-Prozess befangen?
■ Nebenklage glaubt, dass der Richter belastende Zeugenaussage verhindert hat
Im „Toros-Prozess“ geht die Nebenklage in die Offensive. Gestern hat die Rechtsanwältin einer Studentin, die vergangenen Sommer ihre Vergewaltigung im Viertel-Imbiss Toros angezeigt hat, einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht gestellt. Begründung: Der Richter habe aus ihrer Sicht die Vernehmung einer Belastungszeugin gegen einen der beiden Angeklagten so verzögert, dass die Frau nun keine Aussage mehr machen muss. Denn inzwischen darf sie als Verlobte des Angeklagten die Aussage verweigern. Damit habe der Richter im Interesse des Angeklagten gehandelt.
Bei Gericht sorgt der Befangenheitsantrag für Druck, da er schon morgen entschieden sein muss. Bei der für heute angesetzten Verhandlung soll nur ein Zeuge gehört werden; gestern hat die Kammer über Beweisanträge entschieden, die Nebenklage und Staatsanwaltschaft zum Teil schon vor acht Wochen gestellt hatten. „Sie sehen, wir waren fleißig“, reagierte der Beisitzende Richter dabei auf Vorwürfe der Nebenklage über verzögerte Entscheidungen.
Besonders heftig war diese Kritik ausgefallen, als das Gericht den Haftbefehl gegen die zwei Angeklagten aufhob, weil es an der Glaubwürdigkeit der Zeugin zweifelte. Aus Sicht von Nebenklage und Staatsanwaltschaft hätte das Gericht vorher diese BelastungszeugInnen hören sollen. Die Frau hatte zwar kurz nach dem angezeigten Vorfall bei der Kripo gesagt, sie traue dem Freund keine Vergewaltigung zu. Als der Mann aber später aus der Haft freikam, suchte sie selbst die Polizei auf, wo sie angab, vom Angeklagten mehrfach getreten und vergewaltigt worden zu sein. Auch habe er sie aus der Haft bedroht. In der Hauptverhandlung musste die Frau noch nicht aussagen, nachdem sie zuletzt als Verlobte dieses Mannes ein Zeugnisverweigerungsrecht beanspruchte – obwohl sie von ihrem Ehemann noch nicht geschieden ist.
Auf diesen Sachverhalt bezieht sich auch der Befangenheitsantrag. Danach soll der Richter in Gegenwart einer Rechtsanwältin geäußert haben, dass die Frau ja spätestens nach der Scheidung nicht mehr aussagen müsse. Pikant: Allen Verfahrensbeteiligten war klar, dass der Scheidungstermin am 19. April, also noch in dieser Woche stattfindet. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits am 7. Februar angeregt, die Frau zu hören, um Aufschluss über das gewalttätige Verhältnis des Angeklagten zu Frauen zu bekommen. Beide Angeklagten schweigen bislang zu den Vergewaltigungsvorwürfen. ede
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