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Irgendwo redet immer einer über Umwelt ...

... doch dieser hilft das kaum weiter. Seit dem Erdgipfel von Rio 1992 geht es beständig bergab. Denn wer weiß schon, was „Nachhaltige Entwicklung“ wirklich bedeutet?

BERLIN taz ■ Die Krise des Kioto-Protokolls ist symptomatisch für den gesamten internationalen Umweltprozess. Längst ist die Euphorie vom Erdgipfel in Rio 1992 verflogen. Damals, kurz nach dem Fall der Mauer, sprach alles von der „Neuen Weltordnung“. In dieser schien auch Platz genug für gute Umweltpolitik, die eingebettet in die soziale und wirtschaftliche Entwicklung verlaufen sollte: Leitbegriff für diesen Dreiklang wurde die „Nachhaltige Entwicklung“.

Ein sperriger Begriff, mit dem nur ein Bruchteil der Deutschen überhaupt etwas anfangen kann. Doch der internationalen Umweltdiplomatie bescherte der Rio-Gipfel eine Blütezeit. Fast ununterbrochen tagen irgendwo in der Welt Unterhändler zu irgendeinem Umweltvertrag. „Es gibt inzwischen 900 bi- oder multinationale Umweltverträge“, rechnet Benno Pilardeaux vor, Sprecher des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). „Doch der Umwelt geht es schlechter als noch 1992.“

Die Bilanz des Rio-Prozesses ist mager. Noch immer haben viele Staaten keine Strategie für eine Nachhaltige Entwicklung aufgestellt – nicht einmal das rot-grün regierte Deutschland. Erst vor ein paar Wochen schaffte es das Kanzleramt, endlich einen Nachhaltigkeitsrat zu etablieren und aus den Staatssekretären der Ministerien ein „grünes Kabinett“ zu bilden.

Selbst die EU, die sich gern als Öko-Vorreiter sieht, hat ihre Strategie noch nicht fertig. Mitte Juni wollen die 15 Staats- und Regierungschefs in Göteburg hierüber abstimmen. Noch auf dem Lissabonner Gipfel vor einem Jahr brachte die Union es fertig, eine Integration ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik zu beschließen – und die Umweltpolitik außen vor zu lassen. Das kritisierten auch die 20 europäischen Umwelträte, als sie sich vor zwei Monaten in Stockholm trafen. Ihre Analyse klang so, als hätte es Rio gar nicht gegeben. „Allzu lange wurden Umweltbelange durch kurzfristigen ökonomischen und sozialen Druck verdrängt“, sagte ihr Sprecher Richard Marcony.

Wenn von der globalen Umweltzerstörung gesprochen wird, denken noch immer die meisten an Brandrodung im Urwald, Überfischung der Meere und Wüstenbildung. Aber auch in den entwickelten Staaten nimmt die Zerstörung zu, nicht ab. So ergab eine Analyse der Europäischen Umweltagentur, dass für die Erhaltung des Lebensstandards eines jeden EU-Bürgers pro Jahr 50 Tonnen Material aus der Erde entnommen werden müssen. Tendenz steigend – in den vergangenen zehn Jahren nahm der Ressourcenverbrauch um 11 Prozent zu. Und dies schadet zunächst den Lieferanten, den Entwicklungsländern.

Die Entwicklungsländer ihrerseits sind misstrauisch gegenüber dem Rio-Prozess. Sie fürchten, der Norden könne unter Hinweis auf notwendigen Umweltschutz Vorschriften machen, die die industrielle Entwicklung des Südens behindern. Ein Misstrauen, das gefördert wird durch die, so Benno Pilardeaux, „historischen Tiefststände“ der Entwicklungshilfe. Dabei hatten die Industrieländer in Rio 0,7 Prozent ihrer Wirtschaftskraft als Hilfe fest zugesagt. Nur hält sich kaum einer daran.

Angesichts dieser Probleme wären viele Beobachter schon froh, wenn auf dem Johannesburger Gipfel 2002 wenigstens die Umweltabteilung der UN, die von Klaus Töpfer geleitete Unep, endlich gestärkt würde. Bisher arbeiten dort nur 530 Leute, das Amt hat nicht einmal den Status einer UN-Behörde und kaum Mittel. Pilardeaux: „Angesichts der drängenden Probleme ist das nicht mehr zu rechtfertigen.“

MATTHIAS URBACH

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