Digitales Fooddesign an historischer Location

■ Der Kongress „hamburger dialog“ feiert heute am Hafenrand. Andere feiern auch

Neue Technologien verlangen neue Metaphern zur Standortwerbung. Und so pries Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) vorige Woche im New Yorker Financial District die Stadt Hamburg nicht mehr als Tor zur Welt, sondern als „Hafen einer Digital Society“.

Doch nicht nur dort, auch vor Ort soll die neue Bedeutung Hamburgs – ganz physisch – demonstriert werden. Heute abend feiert der von der Hamburg-Messe ausgerichtete Kommunikationskongress hamburger dialog eine „mediaNight“ an den Riverkasematten. Ein „nationales Medien-Event ersten Ranges“ verspricht die Ankündigung zu dem Stelldichein von Fachleuten aus der Medien- und Werbewirtschaft, das heute und morgen unter der Schirmherrschaft von SPD-Wirtschaftssenator Thomas Mirow im CCH stattfindet.

Für die Party hat die Stadt die Riverkasematten an der Hafenstraße angemietet, ein Grundstück, das sie erst jüngst Klausmartin Kretschmer, demnächst auch Eigentümer der Roten Flora, verkauft hatte. Wohl gegen die Unbill des Hamburger Wetters soll die Gäste ein vor den Kasematten errichteter Gewächshaus-ähnlicher Aufbau schützen. Für 100 Mark Eintritt können Kongressbesucher dort nicht nur „kulinarische Genüsse eines internationalen Fooddesig-ners“, wie die Ankündigung verspricht, eine „multimediale Welt, die von verschiedenen Videokünstlern, Video-Jockeys, Live-Acts und Disc-Jockeys bespielt wird“ goutieren, sondern auch dem zentralen Event beiwohnen: der Enthüllung der Riesenposteraktion „Hamburg und seine Partnerstädte“ am gegenüberliegenden Dock 10. Dort wird von heute an ein mit „zeitgemäßer Graffiti-Technik“ erstelltes Kunstwerk zu sehen sein, das „die Medienmetropole Hamburg in ihrer führenden Rolle als Keimzelle der neuen Medienwelt“ zeigt.

Die „historische Location“ zwischen Pudel Klub und Hafenstraßenhäusern ist seit Tagen großräumig von Zäunen und Angestellten einer Essener Security-Firma umstellt, um einen reibungslosen Ablauf der Vorarbeiten zur „mediaNight“ zu gewährleisten. In den Wind geschrieben sind offensichtlich jüngst gegebene Zusagen der Bezirke Mitte und Altona, die an die Kasematten grenzenden Freiflächen blieben öffentlicher Raum.

Ein Gutes hat das exklusiv zugängliche Ereignis allerdings: Angesichts des zu erwartenden Krachs werden Bezirkspolitiker es in Zukunft schwer haben, die längst fällige Umsetzung des oberhalb der Kasematten geplanten Antoni-Parks mit dem Verweis auf mögliche Lärmbelästigung hinauszuzögern.

Die Parkplanungsgruppe Park Fiction, der Pudel Klub und die Rote Flora laden für heute Abend zur Bottle-Party mit Open-Air-Kino neben der Media-Party. So digital, wie sie Runde in New York pries, ist die Hamburger Society nicht. Christiane Müller-Lobeck