editorial: Jugend grübelt
Der Jugendwahn scheint mittlerweile auch die hiesige Bildungselite erfasst zu haben. Promovierte Akademiker in den Dreißigern sollen künftig als „Juniorprofessoren“ die Elfenbeintürme der deutschen Unis erklimmen. Das neue Label soll ihnen vor allem eine frühere wissenschaftliche Selbstständigkeit ermöglichen – Jugend forscht.
Soweit die Schokoladenseite der von der Bundesregierung geplanten Dienstrechtsreform an den Hochschulen. Den 35- bis 45-jährigen Wissenschaftlern, die gerade an ihrer Habilitationsschrift sitzen, droht hingegen, dass sie auf die Straße gesetzt werden. Denn vakant werdende Lehrstühle sollen nicht mehr besetzt werden, und für Juniorprofessuren ist diese lost generation zu alt.
Diejenigen, die jetzt mit ihrem Studium beginnen, haben ganz andere Sorgen: Sie müssen sich erst einmal entscheiden, ob sie sich später Master oder Magister schimpfen lassen wollen. Das Versprechen einer internationalen Vergleichbarkeit der neuen Abschlüsse Bachelor und Master ist noch nicht gesichert. Diese schnellen Abschlüsse wird es zudem wohl nur zum Preis eines verschulten Studiums geben. Von Freud und Leid des ewigen Studiums werden in Zukunft nur noch wenige erzählen können. Wird also bald auch in der Studentenschaft statt verlebtem Teint Fun-gestählte Strebsamkeit dominieren? Man kann allerdings auch beides haben: Guildo Horn, der Botschafter der Bafög-Reform, sieht schlecht aus UND klopft Strebersprüche. d. Red.
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