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Skurriles Eigentor

Als Solarkommune ausgezeichnete Gemeinde verhindert Solaranlage. Argument: falscher Baustoff

FREIBURG taz ■ Um die erneuerbaren Energien zu blockieren, haben sich Gemeinderäte in der Kreisstadt Waldshut-Tiengen etwas Neues einfallen lassen: Sie lehnten eine Solaranlage mit dem Argument ab, es dürften „nur überlieferte Baustoffe“ verwendet werden. Skurril: Die Stadt am Hochrhein in Baden-Württemberg war vor wenigen Monaten noch von der Deutschen Umwelthilfe medienwirksam als „Solarkommune“ ausgezeichnet worden.

Ein Juwelier hatte beschlossen, an der Fassade seines Ladens 85 Quadratmeter Solarzellen anbringen zu lassen. Die Betonfassade, so seine Überlegung, werde dadurch veredelt, und umweltfreundlichen Strom bekomme man obendrein. Bei einem Haus mit Baujahr 1980 dürfe das wohl kein Problem sein.

Doch die Pläne scheiterten vorerst. Nachdem sich die Stadtverwaltung nach langer Überzeugungsarbeit für das Projekt ausgesprochen hatte, stoppte der Bauausschuss die Anlage mit den Stimmen von CDU und FDP.

Planer Stefan Drayer glaubt zu wissen, was die Gemeinderäte umtreibt: „Das Juweliergeschäft ist für jeden gut sichtbar, der in die Stadt fährt – so erfährt jeder, dass man auch von der Fassade Strom gewinnen kann.“ Eben das suchten die Konservativen zu verhindern, denen Drayer im Vorfeld überhaupt erst Grundlegendes vermitteln musste: „Einige Stadträte glaubten, Solarzellen seien aus Plastik.“

Der Bauherr freilich will die Ablehnung nicht auf sich sitzen lassen, zumal deren Rechtmäßigkeit in Zweifel steht. „Wir werden beim Regierungspräsidium Widerspruch einlegen“, sagt Rechtsanwalt Michael Kreutzpointner, der von dem Juwelier inzwischen eingeschaltet wurde. Wenn das Regierungspräsidium den ablehnenden Bescheid nicht aufhebe, werde man eben vor das Verwaltungsgericht gehen.

Dass für die Fassadenanlage überhaupt eine Genehmigung erforderlich ist, liegt an einer Satzung der Gemeinde. Sie hat für das betreffende Gebiet eine Gestaltungssatzung erlassen, durch die sich auch für ansonsten genehmigungsfreie Solaranlagen eine Genehmigungspflicht ergibt. Doch da es sich weder um eine Altstadt noch um eine sonstwie geartete einheitliche Bebauung handelt, ist eine Ablehnung aus ästhetischen Gründen kaum zu rechtfertigen: Schräg gegenüber steht ein Neubau der Sparkasse mit Glasfront, unweit davon der Neubau des Landgerichts. „Da gibt es absolut keinen einheitlichen Baustil“, sagt Drayer.

Der Juwelier Robert Jäger ist entschlossen: „Wir gehen durch alle Instanzen.“ Das einzig Positive an dem Genehmigungstheater sei die Werbewirkung für sein Geschäft – denn die Sympathien in der Stadt sind auf seiner Seite: „Wenn ich die Werbung hätte bezahlen müssen, hätte mich das mindestens 30.000 Mark gekostet.“ BERNWARD JANZING

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