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Werbung wie für ein Waschmittel

Berlins Bereitschaftspolizisten sind weder vom AHA-Konzept noch von dem Verbot der 1.-Mai-Demo überzeugt

Im Stützpunkt der geschlossenen Einheiten der Polizei in der Kruppstraße ist alles bereit, wenn es heißt: Ausrücken zum 1. Mai. Wasserwerfer und Räumfahrzeuge stehen voll getankt im Hof, nur die Reifen könnten etwas mehr Luft vertragen.

Ein paar Stockwerke höher bekamen gestern 50 Beamtinnen und Beamte im Beisein der Presse den letzten Schliff für den Großkampftag verpasst. Auf der Tagesordnung stand keine brisante Einsatzstrategie, sondern das unverfängliche AHA-Deeskalationskonzept. AHA steht für so genannte Gewalt abschöpfende Maßnahmen wie Straßen- und Sportfeste, mit denen die Polizei seit zwei Jahren versucht, erlebnishungrige Jugendliche von der Teilnahme an der 1.-Mai-Randale abzuhalten.

Obwohl das Konzept nicht aufgegangen ist, wähnt sich die Polizei auf dem richigen Weg. Allen negativen Vorzeichen zum Trotz: Nach dem Verbot der linksautonomen Demonstration in Kreuzberg und der Ankündigung der Polizei, eine „außerordentlich niedrige Einsatzschwelle zu fahren“, ist eine Eskalation der Gewalt zu befürchten.

Mit einer Eloquenz, die einem Vertreter für Waschmittel alle Ehre gemacht hätte, wischten die Referenten des AHA-Stabs alle Fragen zum Sinn des Konzepts bei einem gleichzeitigen Demo-Verbot vom Tisch. Dies ändere nichts: „Wir wenden uns nicht an die Störer, sondern an das Umfeld der Kids.“

Aus der großen Runde kam kein Widerspruch. „Wir gehen unserer Aufgabe nach“, hieß es mit dem Hinweis, einem Polizisten stehe es nicht zu, die Entscheidung des Innensenators zu kommentieren.

In kleinem Kreis war später jedoch zu erfahren, dass das AHA-Konzept bei Teilen der geschlossenen Einheiten nie richtig akzeptiert worden sei. Auch das Verbot werde zwiespältig gesehen. Einerseits sei es nicht schlecht, einmal ein Zeichen zu setzen, dass es mit der Randale so nicht weitergehe. Andererseits sei es wesentlich schwieriger, das Zepter in der Hand zu halten, wenn die Randale nicht nach der Demonstration, sondern gleich in Kleingruppen losgehe. Nach der jüngsten Devise des Chefs der Schutzpolizei, Gernot Piestert, können sich die Polizisten zumindest auf eins einstellen. Auf einen anstrengenden Tag per pedes. Egal wie der Tag ausgehe, die 7.500 Beamten seien angewiesen, sich zu Fuß offensiv durch die Stadt zu bewegen. „Wir versuchen eine Begrünung“, gab ein leitender Polizeibeamter gestern den Befehl weiter. PLUTONIA PLARRE

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