piwik no script img

Reinwaschen mit schmutziger Million

Warum überwies Kiep der CDU eine Million Mark? – Die Partei geht vorsorglich auf Distanz zu ihrem Exschatzmeister

AUGSBURG taz ■ Am Anfang war ein Koffer, und in diesem war eine Million Mark des Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber, derzeit Kanada. Vor einem Schweizer Supermarkt fand die Übergabe an Herrn Kiep & Co statt: Die CDU-Spendenaffäre war geboren. Für Walther Leisler Kiep endete sie vorerst glimpflich: Vom Landgericht Augsburg wurde er im Februar wegen Steuerhinterziehung zu nur 45.000 Mark Geldstrafe verurteilt.

Und jetzt? Jetzt ist schon wieder eine Million da. Vom Exschatzmeister rein vorsorglich an seine Partei überwiesen, weil er nicht ausschließen kann, „dass über meine Konten Gelder geflossen sein könnten, die nicht mir, sondern der CDU zustehen“. So zumindest steht es in seinem Brief an den CDU-Bundesgeschäftsführer Willi Hausmann.

Aber warum überweist der Kiep der Partei, die doch so sehr auf Distanz zu ihrem einstigen Vorzeigemann geht, diese hohe Summe? Während halb Deutschland rätselt, reiben sich ein paar Herrschaften, die über die Geldströme recht gut Bescheid wissen, die Hände. Ist ihnen doch bestens bekannt, dass die Herren Kiep, Weyrauch und Lüthje – allesamt hoch bevollmächtigte Finanzgenies zu Kohls Zeiten – sich nicht mehr grün sind. Die beiden Letztgenannten hatten ja schon mal kundgetan, ein berühmt-berüchtigtes Schweizer Stiftungskonto, bekannt unter dem Namen „Norfolk“, sei 1992 aufgelöst worden. Die verbliebenen 1,5 Millionen Schweizer Franken seien zwischen Kiep, Lüthje und Weyrauch aufgeteilt worden. Einzig Leisler Kiep bestreitet dies bis heute.

Kann er womöglich diese Version vom Nichtwissen über „Norfolk“ nicht mehr aufrechterhalten und muss er damit rechnen, dass die einstigen Weggefährten Weyrauch und Lüthje ihn noch einmal in große Schwierigkeiten bringen könnten, fragen die besagten Kenner der Konten. Neue Ermittlungen in Sachen Steuerhinterziehung könnte sich der ehemalige Schatzmeister, der ein so gutes Verhältnis zum amtierenden Kanzler pflegt, nicht leisten. Mit der Überweisung habe er den beiden Exmitstreitern in Sachen CDU-Finanzen den Wind aus den Segeln genommen, meint ein Insider. „Hinhängen ist jetzt nicht mehr, wo sich Herr Kiep doch so sehr um Aufklärung der ungeklärten Geldströme bemüht.“

Die CDU weiß das indes nicht zu schätzen: Andreas Schmidt, CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss, bezeichnete Kiep nicht als „schützenswert“. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Erwin Marschewski, hat sogar gefordert, Kiep aus der Partei auszuschließen. Jedenfalls ist mit einem Male die abgehakt geglaubte Spendenaffäre wieder in aller Munde und viele glauben nicht daran, dass Kiep das nicht so wollte. Unions-Fraktionschef Friedrich Merz fordert Kiep auf, die Herkunft zu klären. Die CDU würde die „vorsorglich überwiesene Million“ gerne behalten, während Guido Westerwelle von der FDP meint, das Geld sei besser auf einem treuhänderisch verwalteten Sonderkonto aufgehoben. Wenn die Herkunft nicht geklärt werden könne, sollte es einem gemeinnützigen Zweck zur Verfügung gestellt werden.

KLAUS WITTMANN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen