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visagen, von ivan turgenev aufs papier geworfen

Ein physiognomisches Gesellschaftsspiel. Es geht so: Einer nimmt einen langen Streifen Papier und zeichnet darauf mit schnellen Strichen ein Gesicht. Dann geht das Papier reihum. Jeder Teilnehmer versucht sich an einer Kurzcharakterisierung der Figur, schreibt sie auf, knickt das Geschriebene so um, dass der nächste Teilnehmer es nicht lesen kann. Wenn alle fertig sind, wird das Papier entfaltet, die Kurzporträts werden vorgelesen, und, wenn man noch will, kann man die beste und die schlechteste Charakterisierung prämieren. – Ivan Turgenev, der russische Schriftsteller, hat dieses Spiel gerne und mit großer Eleganz gespielt. Seine Geliebte Pauline Viardot-Garcia war häufig mit von der Partie und zum Beispiel auch Theodor Storm und Bertold Auerbach. Turgenev hat nicht nur die Zeichnungen selbst aufs Blatt geworfen, sondern, so berichten Zeitgenossen, oft genug auch die treffendsten Charakteristiken verfasst. Über den Herren rechts mit der großen Nase (der wie Adriano Celentano aussieht) schrieb er: „Alter Lehrer der französischen Sprache und Grammatik in einem College. Schwerfällig, borniert, schnupft wie wild Tabak, langweilig, im Grunde recht gutmütig, versucht gerne andere auf pedantische Weise zu amüsieren. Er ist groß, geht gebückt, die Brust eingefallen; Junggeselle, geht gern an den Quais spazieren; er ist neugierig und hält oft Maulaffen feil. Geht nie ohne Regenschirm aus und trägt dicke grüne Handschuhe.“ Hübsch gehässig, oder? 200 solcher Blätter sind erhalten, etwa ein Viertel von ihnen enthält einer dieser kleinen, ganz wunderbar altmodisch gestalteten Bände aus der Friedenauer Presse Berlin (deutsch von Peter Urban, 32 Seiten, 18 DM). drk

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