: Mehr Pampers her
Opposition zerpflückt Kindergeld-Vereinbarung: Zu kleine Schritte, auch dritte Kinder brauchen mehr. Am Ende stimmen beleidigte CDU-Länder zu
BERLIN dpa/rtr/ap/taz ■ An der Vereinbarung der Bundesregierung mit den SPD-geführten Ländern zum Thema Kindergeld hat die Opposition alles kritisiert, was die Fantasie hergibt. Während Kanzler Schröder die Erhöhung des Kindergeldes um weitere 30 Mark auf 300 Mark als „gewaltigen Schritt“ lobt und sich sicher zeigt, „dass die Familien das auch so sehen werden“, nehmen verschiedene Familienvorstände ein anderes Maß: Nur „Trippelschritte“ kann Bayerns Familienministerin Christa Stewens (CSU) erkennen. Baden-Württembergs CDU-Ministerpräsident Erwin Teufel findet, nicht nur die ersten beiden, sondern auch das dritte Kind müsse mit 30 Mark mehr bedacht werden. Dennoch kündigten beide Länder an, der Erhöhung im Bundesrat zustimmen zu wollen.
Auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) gab seinen Widerstand auf: Man wolle „keinen Glaubenskrieg führen“. Sachsens Ministerpräsident Biedenkopf (CDU) dagegen verlangte, der Bund müsse nicht nur 74 Prozent der Erhöhung finanzieren, sondern die gesamten Kosten tragen.
CDU-Chefin Angela Merkel errechnete flugs, dass die Ökosteuer die Erhöhung des Kindergeldes auffressen werde, die Regierung Schröder folglich „von der Hand in den Mund“ lebe.
Beleidigt zeigten sich die unionsgeführten Länder auch über das Vorgehen der Regierung: Dass der Bund sich zunächst mit den SPD-geführten Ländern abstimme, und die anderen Länder von dem Ergebnis aus der Presse erführen, sei eine „Verlotterung der Sitten“, befand der sächsische Finanzminister Thomas de Maizière, und „höchst Ärgernis erregend“, so Thüringens Landesvater Bernhard Vogel.
Während die CDU weiterhin ihr Familiengeld von 1.200 Mark propagierte, was die Bundesfamilienministerin kurz als „nicht finanzierbar“ zurückwies, dachte der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel weiter in Richtung Ganztagsbetreuung. Kindergelderhöhungen entzögen den Ländern Finanzkraft, änderten aber nichts am realen Einkommen der Familien. Dass Eltern nicht arbeiten könnten, sei aber nach dem Armutsbericht die Hauptursache für die Armut kinderreicher Familien.
Der Spielraum der Länder für die Finanzierung der Kinderbetreuung, hielt Regierungssprecher Uwe-Carsten Heye dem entgegen, sei durch die stärkere Beteiligung des Bundes an der Kindergelderhöhung und seiner Übernahme von bis zu anderthalb Milliarden Mark an Länderschulden beim „Fonds Deutsche Einheit“ größer geworden. OES
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen