piwik no script img

die stimme der kritikBetr.: Debatte über mehr Werte in der Kindererziehung

Weil ich dein Vater bin

Ruhe! Ruhe, verdammt noch mal! Nein, du bekommst kein Handy. Es interessiert mich auch nicht, ob deine Freunde alle eins haben. Das tut überhaupt nichts zur Sache. Du brauchst kein Handy. Ein Zwölfjähriger braucht kein Handy. Jetzt sei doch vernünftig. Schau, die Frau vom Bundeskanzler hat das auch gesagt. Was? Die ist dumm? Die sieht aus wie ein Pferd? Von wem hast du so etwas? Von mir? Von mir hast du so was sicher nicht. Vielleicht von deiner Mutter.

Ende der Diskussion jetzt. Du ziehst das an. Alle Kinder tragen jetzt so was. Wirst schon sehen. Ist total schick. Und so eine Schuluniform nimmt auch voll den Konsumdruck von dir, sagt die Frau Merkel aus dem Fernsehen. Du willst nicht so aussehen wie die? Jetzt reiß dich mal zusammen, wenn du was werden willst, musst du dich zusammenreißen. Hast du das gelesen? Das solltest du mal lesen. Die Frau Merkel hat von ihren Eltern Leistungswillen, Pflichtbewusstsein und Fleiß mitbekommen. Da kannst du dir mal eine Scheibe von abschneiden. Was haben wir nur falsch gemacht? Wenn du doch ein wenig auch so sein könntest wie die Frau Merkel.

Oder wie der bayerische Ministerpräsident Doktor Edmund Stoiber. Nimm dir ein Beispiel am Doktor Edmund Stoiber. Der hat noch Prinzipien. Die hat er von seinem Vater mitbekommen, vom großen Franz Josef Strauß. Zuverlässig ist der Stoiber! Nicht so wie du. Der hat Respekt vor jedem Menschen! Den werde ich dir schon auch noch beibringen. Warum du Respekt haben sollst vor Doktor Edmund Stoiber? Ja – weißt denn du gar nichts, Kind? Der wird unser nächster Kanzler! Und außerdem hat er einen Doktor. Dass du es mal so weit bringen wirst, haben deine Mutter und ich auch mal gehofft. Aber diese Hoffnung haben wir längst aufgegeben.

Keine Widerrede jetzt. In deinem Alter hätte ich mich niemals getraut, so mit einem Erwachsenen zu sprechen. Du wirst schon sehen, wo du damit mal landest. Du hast doch keine Ahnung! Hilfsbereitschaft! Nächstenliebe! Soziales Verantwortungsbewusstsein! Selbstdisziplin! Pflichtbewusstsein! Die Jugend weiß doch gar nicht mehr, was das heißt! Frag mal den Herrn Clement! Der weiß das noch! Und die Frau Gerster aus dem Fernsehen, die weiß das auch! Die fordert Höflichkeit, Dankbarkeit und Bescheidenheit! Und die wirst du gefälligst zeigen! Warum? WARUM? WEIL ICH DEIN VATER BIN! DARUM! Was? Ich bin gar nicht dein Vater?

Das ist doch das Allerletzte. STEFAN KUZMANY

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen