piwik no script img

„Nacktes gegen den Scheiß der Werbung“

■ Seit dem Film „Die Polizistin“ und dem Grimme-Preis ist die hervorragende Bremer Schauspielerin Gabriela Maria Schmeide auch bundesweit bekannt. Nun kommt das Sozialdrama ins Kino, und Gabi Schmeide stellt sich den Fragen

Am Mittwochabend konnte man in der Schauburg ein ungewöhnliches Publikum bewundern. Es gab einen Senatsempfang anlässlich der Bremer Kinopremiere des Spielfilms „Die Polizistin“, in dem Gabriela Maria Schmeide vom Schauspielensemble des Bremer Theaters in der Hauptrolle begeistert. Geladen waren neben den üblichen Verdächtigen in steifen Anzügen allerhand Theaterleute und alle Polizistinnen der Hansestadt, die wohl kaum glücklich darüber waren, dass sie nach Dienstschluss in den nicht gerade vorteilhaften Uniformen zum Kinobesuch antreten mussten. Der Star des Abends, der unter anderem in der Dreigroschenoper am Bremer Theater zu sehen ist, grüßte zwar von der Bühne ihre „Kolleginnen“, war aber statt in der hässlichen Uniformhose im Sommerkleid erschienen.

taz: Seit „Die Polizistin“ im letzten Oktober im Fernsehen lief und mit dem Adolf-Grimme-Preis prämiert wurde, kennt man ihr Gesicht nun bundesweit. Wie ist das, wenn Sie den Film nun hier vorstellen?

Gabriela Maria Schmeide: Für den Film ist das ganz gut, weil hier vielleicht ein paar Leute, die mich kennen, mehr ins Kino gehen, und für die Stadt auch, wenn man sagen kann, die Hauptdarstellerin kommt aus Bremen.

Verstehen Sie als gebürtige Bautzenerin mit der Muttersprache Sorbisch sich denn inzwischen als Bremerin?

Im Moment indentifizier' ich mich schon sehr mit der Stadt, auch wenn ich nicht von hier stamme und hier auch bestimmt nicht uralt werde. Ja, man kann mich schon als Bremerin bezeichen.

Wussten Sie bei dieser ersten Arbeit beim Film immer, was mit Ihnen passierte?

Ne, überhaupt nicht! Ich bin jeden Morgen aufgestanden und hab gesagt: „Lieber Gott, lass mich nicht zu viel machen!“ Weil man mir gesagt hatte, es ist immer so furchtbar, wenn Theaterspieler ins Kino kommen: Die machen immer so viel. Und ich bin ja nun auch noch jemand, der sehr gerne und sehr körperlich viel macht. Ich hatte zuerst total Schiss, dass das für mich baden geht.

Der Film hat eine ungewöhnliche Geschichte, weil erst nach der TV-Erstausstrahlung seine Erfolgsgeschichte mit Grimmepreis und Kinostart begann. Hatten Sie und das Filmteam beim Drehen eine Vorahnung dieses Erfolgs?

Nein, überhaupt nicht! Wir haben gedacht, wir kriegen den Arsch noch voll. Wirklich! Das Drehbuch wurde ja überall abgelehnt: ZDF, ORB, NDR, Bayrischer Rundfunk – alle haben gesagt: „Das können wir nicht bringen. Solch ein Sozialdrama ist nicht Primetime-fähig, das will keiner sehen.“ Dem WDR muss man wirklich zugutehalten, dass die das Risiko eingegangen sind. Und wir dachten, wenn die den fertigen Film schließlich sehen, gibt's Ärger. Aber dann bekam er schon im Vorfeld sehr positive Kritiken, und er lief dann im letzten Oktober, sogar gegen Fussball, supergut. Ich glaube, er hatte vier Millionen Zuschauer, was für solch einen kleinen Film sehr viel ist. Und dass man jetzt noch versucht, ihn ins Kino zu bringen, ist natürlich ganz was Spezielles.

Mit wackeliger Handkamera, keinen Genrekonventionen, keiner Filmmusik und fast nur natürlichem Licht ist „Die Polizistin“ ja eigentlich ein „Dogmafilm“ ohne Dogma, wobei er sogar ganz unabsichtlich weniger von Dogma-Regeln verletzt als die dänischen Dogmatiker selbst.

Das ist schon richtig, nur ist es beim Regisseur Andreas Dresen kein auferlegtes Prinzip. Es gefällt ihm einfach nicht, wenn man für Szenen extra Licht einrichtet. Und Musik raus, das wusste er von Anfang an. Weil er hat da einfach nichts gehört. Vielleicht ist das ja gerade jetzt die Art von Film, die gebraucht wird. In dem Alter, wir werden wohl etwa so in dem gleichen Alter sein wie die Dogmaleute, will man jetzt vielleicht etwas Entblößtes, Nacktes in den Filmen, etwa anderes als all den Glamour und den Scheiß in der Werbung, von dem wir umgeben sind.

Fragen: Wilfried Hippen

„Die Polizistin“ läuft täglich um 11 (außer Sa/So), 16, 18, & 20.30 Uhr in der Schauburg.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen