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Männerförderung im Frauenstudiengang

■ Im Internationalen Frauenstudiengang Informatik an der Hochschule Bremen soll zum Wintersemester endlich die erste Professur besetzt werden. Von einem Mann.

„Bessere Chancen für Frauen.“ Mit diesem Slogan wirbt der Internationale Frauenstudiengang Informatik an der Hochschule Bremen. Seit einem Jahr studieren dreißig Frauen in dem Modellstudiengang, der Frauen den Zugang in die Ingenieurberufe erleichtern soll. Auf der Homepage heißt es: „Besonders gefragt sind Frauen auch in leitenden Tätigkeiten der Informationstechnik-Branche“.

Im Studiengang werden „leitende Tätigkeiten“ in Zukunft von einem Mann übernommen, wenn die erste Professur so besetzt wird, wie es sich die Mehrheit der Berufungskommissionen für die C3-Stelle „Softwaretechnik“ wünscht. Die „Mehrheit“ der achtköpfigen Kommission besteht in diesem Fall aus drei Professoren: Wegen der im Grundgesetz festgeschriebenen „Freiheit von Forschung und Lehre“ darf nicht gegen die Professoren entschieden werden.

Morgen wird der Berufungsbericht verabschiedet, der dem Fachbereichsrat (FBR) zwei Berufungsvorschläge unterbreiten wird, erklärt der Vorsitzende der Kommission, Detlef Schumacher. Der Vorschlag der drei Professoren sieht eine Dreierliste vor, mit einem Mann auf dem ersten Listenplatz und einem Mann und einer Frau auf den Plätzen zwei und drei. Es ist unter den Studentinnen ein offenes Geheimnis, dass sich auch der Wirtschaftsinformatiker Axel Viereck auf die Stelle beworben hat und vermutlich ganz oben auf der Professoren-Liste steht. Viereck hat als Vizedekan des Fachbereichs Wirtschaft zur Zeit eine C2-Stelle inne und den Frauenstudiengang mitinitiiert. Schumacher erklärt, dass der FBR nicht zwangsläufig dem Vorschlag der drei Professoren zustimmen muss, auch wenn er dieses sehr hoffe. Die Alternative ist eine Zweierliste, aufgestellt von den anderen fünf Kommissionsmitgliedern: beides Frauen.

„Vielleicht sind die Bewerberinnen nicht so qualifiziert“, vermutet der Pressesprecher der Hochschule, Ulrich Berlin. „Mit der Qualifikation ist das so eine Sache“, sagt Brigitte Melinkat von der zentralen Gleichstellungsstelle im Land Bremen. Die Tatsache, dass eine der beiden Frauen auch auf der Dreierliste steht, beweise ihre Eignung. Schumacher bestätigt, dass alle sechs BewerberInnen, die zur Anhörung erschienen sind, den formalen Qualifikationen laut Stellenausschreibung entsprechen.

Auch viele Studentinnen des Studiengangs wünschen sich eine Professorin. Bei der Anhörung der zwei Männer und vier Frauen konnten sie sich von ihrer Qualifikation überzeugen. Eine Gruppe von Studentinnen hat in einem offenen Brief an die Komission dargestellt, warum sie grundsätzlich eine Professorin für die bessere Wahl halten. Eine Studentin weist darauf hin, dass nicht alle dahinter stehen würden. „Es gibt im Studiengang auch viele, die glauben, dass die Kommission schon weiß, was sie macht.“

Melinkat hält es für einen „Witz“, dass ein Frauenstudiengang erst einmal einen Mann beruft. „Die Studentinnen brauchen Vorbilder“, sagt sie. Ähnlich sieht es Susanne Maaß, Professorin an der Universität Bremen. „Das hat politische Signalwirkung.“ Es gebe hochqualifizierte Bewerberinnen, die aber bei zeitlicher Verzögerung etwas anderes fänden.

Der interne BewerberAxel Viereck äußert sich nur so weit, dass „immer die Meinung vertreten wurde, es müsse auf jeden Fall auch eine Hochschullehrerin in dem Studiengang unterrichten“. Nie sei aber die Rede davon gewesen, es sollten nur Frauen eingestellt werden. Bei der zweiten Professur, über die zur Zeit eine andere Kommission tagt, sieht er als Kommissions-Vorsitzender „sehr gute Chancen“ für eine Frau auf dem ersten Platz. Von vier BewerberInnen in der engen Wahl seien drei Frauen. In diesem Fall handelt es sich um eine C2-Professur. Eiken Bruhn

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