bio-siegel: Weniger Beschiss im Regal
Ministerin Künast hat sich mit Bioszene, Handel und Bauernverband auf das einheitliche Öko-Siegel geeinigt. Das wurde Zeit. Das ist gut. Dass man die niedrigeren EU-Bio-Normen zum Maßstab nimmt, wird vielen Bauern die Umstellung erleichtern. Die Eurovorschriften gestatten ihnen, nur Teile des Hofs ökologisch zu bewirtschaften. Damit wird das Risiko für die Bauern kalkulierbarer. Um tatsächlich 20 Prozent Bio auf dem Markt zu erreichen, wie von Künast anvisiert, ist die weniger anspruchsvolle EU-Norm besser geeignet. Kehrseite: Sie senkt das Niveau.
Kommentarvon MANFRED KRIENER
Das Bio-Siegel kann indes nur ein Anfang sein. Werbekampagnen für Öko und politische Vermarktungshilfen sind weit wichtiger, um einen Schub im Einkaufsregal und im Hirnkastl der Verbraucher auszulösen.
Den Dauerbeschiss im Lebensmittelregal mit grün angestrichenen Pseudoprodukten wird das Biozeichen allein nicht beenden können. Hier braucht es zusätzliche Vorschriften, die Schluss machen mit dubiosen Werbebildchen und Fantasienamen wie „Nest-Ei“ oder „Wiesen-Gold“, die uns eine bäuerliche Idylle suggerieren, hinter denen aber nichts anderes steckt als Käfig-Eier aus der Brutalo-Batterie.
Klarheit tut Not: Auf ein Sixpack mit Käfig-Eiern gehört auch ein Käfig aufgedruckt. Basta. Oder der gut lesbare Zusatz „Aus Käfighaltung!“. Das Hähnchen aus Intensivhaltung, das 32 Tage lang in einer Betonhalle mit 250.000 Brüdern vom Futterautomaten gemästet wird, muss den Aufdruck „Aus Intensivmast“ erhalten. Genauso muss die Verwendung von künstlichen Aromen transparent werden. Noch immer glauben neun von zehn Verbrauchern, ihr Erdbeer-Flavour im Joghurt habe irgendetwas mit Erdbeeren zu tun. Die schnöde Wahrheit: Die Aromapanscher kreieren den Beerengeschmack aus Sägemehl. Lässt sich ein Joghurt mit dem Aufdruck „Erdbeeraroma aus Sägemehl“ verkaufen? Eben! Genauso schlecht wie Eier mit Käfigen.
Hier mehr Ehrlichkeit und Transparenz zu schaffen ist eine wahrhaft herkulische Aufgabe. Davon, dass Parmaschinken zu einem beträchtlichen Teil aus Belgien kommt und italienisches Olivenöl auf tunesischen Bäumen wächst, wollen wir heute gar nicht erst reden. Die Ministerin hat einen ersten vernünftigen Schritt getan. Ihr nächster – die Schaffung eines zweiten Qualitätssiegels innerhalb der „normalen“ Produktion – wird sehr viel schwieriger. Wir bleiben am Ball.
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