: Bush in Unterzahl
Machtwechsel im US-Senat: Parteiaustritt eines Republikaners beschert den Demokraten die Mehrheit und damit den Vorsitz in den Ausschüssen
WASHINGTON dpa ■ Ein 67-jähriger Senator aus dem kleinen Bundesstaat Vermont hat das Machtgefüge in Washington zutiefst erschüttert und das Regieren für Präsident George W. Bush deutlich schwieriger gemacht. Nach mehr als 27 Jahren als republikanischer Vertreter Vermonts gab Jim Jeffords gestern bekannt, dass er der Partei von Präsident George W. Bush den Rücken kehrt und künftig als Unabhängiger im Senat sitzen wird.
Die persönliche Entscheidung eines einzelnen Senators bedeutet für die Republikaner einen schwer zu verkraftenden Schock – für die Demokraten ein Geschenk des Himmels. Bisher herrschte im Senat ein Patt, bei dem sich 50 Republikaner und 50 Demokraten gegenüberstanden und Vizepräsident Dick Cheney als Senatspräsident das Zünglein an der Waage war.
Künftig haben die Demokraten nun eine Mehrheit von 50 zu 49; sie stellen damit in allen wichtigen Ausschüssen den Vorsitzenden. Außerdem besetzen sie die wichtigen Vermittlungsausschüsse, die Differenzen zwischen den Vorlagen beider Kammern ausgleichen.
Für das Weiße Haus bedeutet der Wechsel eine schwere Schlappe. So muss Bush nun mit erheblichen Problemen bei der Durchsetzung seines umstrittenen Energieplans rechnen, der den Bau neuer Atomkraftwerke und Ölbohrungen in einem Naturschutzgebiet in Alaska vorsieht. Auch seine Versuche, die Richterbänke mit erzkonservativen Kandidaten zu besetzen, geraten damit ins Wanken.
Jeffords galt schon immer liberaler als die Mehrheit seiner Partei und stimmte etwa für das Recht auf Abtreibung, für Waffenkontrolle und als einer der wenigen Republikaner während der Lewinsky-Affäre gegen eine Amtsenthebung des damaligen Präsidenten Bill Clinton. In letzter Zeit war der Graben jedoch tiefer geworden. Jeffords betonte, er könne den konservativen Kurs der Republikaner und von Präsident Bush nicht länger mittragen. Er habe bereits Probleme mit Bushs Haushaltsplan gehabt und sehe weitere Schwierigkeiten etwa bei der Raketenabwehr und in Fragen der Abtreibungs-, Umwelt- und Erziehungspolitik voraus.
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