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Baummenschen, verbeult

■ Dass sich Bremerhavens Stipendium für die Merz-Schülerin Paloma Weisz gelohnt hat, ist jetzt im „Kabinett für aktuelle Kunst“ zu sehen

Am Schönsten ist der Blick von außen. Wer durch die gläserne Wand ins neonerleuchtete „Kabinett für Aktuelle Kunst“ schaut, sieht die Ausstellungsgäste vorsichtig um zwei Baumstämme herumstehen, wuchtige meterlange Hölzer, herausgesägt aus einem korpulenten Stamm. Aber hier haben sie alle Schwere verloren, sie scheinen zu schweben, denn sie sind in gleichmäßig dünne Scheiben zerschnitten und die einzelnen Scheiben sind durch quer gelegte Hölzer voneinander getrennt.

Die junge Bildhauerin Paloma Varga Weisz hat nach ihrer Berufsausbildung als Schreinerin und Holzbildhauerin fast 10 Jahre an der Kunstakademie in Düsseldorf studiert, zuletzt als Meisterschülerin bei Gerhard Merz. Mit wenigen Schnitten verwandelt sie das tote Holz eines gefällten Baumriesen in eine zarte Figur.

Aber sie geht einen Schritt weiter. Sie stellt auf die beiden am Boden liegenden Stämme zwei zwergenhaft kleine Figuren aus Holz, die aus der unbehandelten Rinde des Baums herausgewachsen zu sein scheinen, denn ihre Körper sind mit Ausbuchtungen, Pusteln und Beulen überzogen. Eine menschengroße Figur sitzt auf einem der beiden Stämme, in schwarzes Tuch gehüllt, so dass nur der Kopf, die Hände und die Füße sichtbar sind.

Das Gesicht wirkt wie eine Maske, verschlossen und entrückt. Es neigt sich zu dem nackten, verbeulten Wesen, das auf ihren Knien sitzt und den Blick erwidert. Der Kopf dieser Schwarzgekleideten ist die am meisten bearbeitete Form der „Großen Installation mit drei Skulpturen“, einer Arbeit, die – von außen betrachtet – aussieht, als wären zwei Schiffe, uralte, halbfertige Großsegler, auf eine Reise ins Totenreich gegangen. Paloma Varga Weisz, zur Zeit Inhaberin des Bremerhaven-Stipendiums, inszeniert den nüchternen Laden-Raum des Kabinetts anders als die kühlen, intellektuellen Minimalisten, die ihn seit Jahrzehnten zum Geheimtipp machten.

Die 35-Jährige bricht ihn auf zu einer neuen Reise – diesmal in ein stilles, „heiliges“ Land voller Poesie und Emotionalität. H. Happel

Bis 23. Juni: Paloma Varga Weisz, „Große Installation mit drei Skulpturen“ im Kabinett für Aktuelle Kunst BHV (Karlsburg 4)

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