Volkes Zorn über Fall der Volksaktie

Auf der Telekom-Hauptversammlung hatten die versammelten Kleinaktionäre nur eines im Sinn: ihrem Unmut Luft zu machen. So hagelte es Kritik: am Firmenchef, der Öffentlichkeitsarbeit und der Einkaufspolitik. Vorstandschef Sommer nahm’s gelassen

von HANNES KOCH

Vorweg die beiden Nachrichten, die die Aktionäre der Telekom erfreuen könnten. Die vom Konzern gesponserte Basketball-Mannschaft, die Telekom Baskets Bonn, hat das Finale um den deutschen Meistertitel erreicht. Zweitens hat sich die Telekom einen Konkurrenten vom Hals geschafft: Gestern Morgen pünktlich um acht Uhr schaltete der Netz-Monopolist der insolventen Marburger Telefonfirma Teldafax die Leitungen ab. Stille.

Laut und lebhaft ging es gestern dagegen auf der Hauptversammlung der Deutschen Telekom AG zu. Etwa 9.500 Aktionäre wollten sich Telekom-Chef Ron Sommer in der Köln-Arena mal ordentlich zur Brust nehmen. Gründe genug dafür meinten sie zu haben: Von ihrem Höchstkurs bei 104 Euro (März 2000) ist die Aktie der Telekom mittlerweile auf rund 25 Euro gestürzt. Für hunderttausende Kleinaktionäre haben sich die Hoffnungen auf ein finanzielles Zubrot durch Aktienspekulation nicht erfüllt – im Gegenteil. Alle Leute, die seit Anfang 1999 Telekom-Aktien gekauft haben, liegen in der Verlustzone.

Das lasten sie vor allem Ron Sommer und seiner in ihren Augen verfehlten Unternehmensstrategie an. „Sie stellen eine konkrete Gefahr für die Aktienkultur in Deutschland dar“, sagte Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Als Vertreter von Privataktionären kündigte er an, den Telekom-Vorstand für das vergangene Geschäftsjahr nicht entlasten zu wollen. Auch die Fondsfirma Union Investment der Volks- und Raiffeisenbanken hatte mit der Nichtentlastung gedroht, wollte sich aber letztlich nur enthalten. Da der Bund noch 60 Prozent der Anteile hält, war die Zustimmung der Mehrheitsaktionäre zu Sommers Politik ohnehin nicht grundsätzlich in Frage gestellt.

Sowohl institutionelle wie auch private Anleger kritisierten die Wertberichtigungen im Immobilienvermögen. Die Telekom hatte ihren Grundbesitz im Februar um 3,9 Milliarden Mark abgewertet und damit den Bilanzgewinn erheblich geschmälert. Der Kurs war deshalb einmal mehr abgerutscht.

In dieser Sache ermittelt außerdem die Staatsanwaltschaft gegen Vorstandschef Sommer. Aktionäre hatten geklagt. Ein möglicher Verdacht: Die Manager hätten schon vor Jahren vom eigentlich geringeren Wert ihrer Häuser und Grundstücke gewusst, dies aber nicht öffentlich gemacht, um bei der Aktienemission vom Juni 2000 einen höheren Verkaufserlös erzielen zu können.

DSW-Vertreter Tüngler verlangte, dass das Unternehmen einen Sonderprüfer einsetzen solle, um die Bilanz 2000 nochmals eingehend unter die Lupe zu nehmen. Das lehnte Sommer ab. Der Vorstand wollte nur zugestehen, einen Sonderprüfer für das laufende Jahr zu bestellen.

Die Liste der Kritikpunkte war freilich noch viel länger. Die Kapitalbesitzer bemängelten die hohe Summe von rund 16 Milliarden Mark, die die Telekom im vergangenen Jahr für die UMTS-Mobilfunk-Lizenz ausgegeben hatte. Der Kauf der US-Handy-Firma Voicestream war den Aktionären ebenfalls zu teuer. Ron Sommer bemühte sich, der Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen. Für den niedrigen Aktienkurs entschuldigte er sich: „Absolut unbefriedigend. Ich bedauere das außerordentlich.“ Und versprach, dass es demnächst wieder aufwärts gehe.

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