„Den bösen Schein vermeiden“

Der Vorsitzende des Richterbundes, Klaus Jünemann, fordert den Rücktritt Diepgens als Justizsenator. Der Eindruck unzulässiger Einflussnahme müsse vermieden werden

taz: Warum wird es in diesen Tagen zum Problem, dass der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) das Justizressort leitet?

Lothar Jünemann: Jetzt wird ein Problem konkret, das es eigentlich schon seit der letzten Regierungsbildung gibt. Es ist prinzipiell unglücklich, den Regierenden Bürgermeister als obersten Chef der Verwaltung gleichzeitig zum Herrn des Justizressorts zu machen. Verfassungswidrig ist eine solche Konstellation nicht, es drängt sich jedoch immer der Eindruck auf, dass durch die Verwaltungsspitze Einfluss auf die Justiz genommen wird.

Ist das denn der Fall bei den Ermittlungen in Sachen Bankenkrise der Fall?

Es wird ja zum größten Teil gegen Mitglieder der Regierungspartei CDU ermittelt. In der politischen Diskussion ist auch Diepgen selbst ins Rampenlicht geraten. Als Leiter der Justizverwaltung hat er bestimmte Weisungsbefugnisse gegenüber der Staatsanwaltschaft. Da entsteht schnell der Eindruck einer unzulässigen Einflussnahme.

Der Regierende Bürgermeister hat jede Einflussnahme ausdrücklich weit von sich gewiesen.

Das ist für Diepgen keine einfache Situation: Wer sich so deutlich entschuldigt, klagt sich im Prinzip doch schon an.

Haben Sie denn konkrete Hinweise auf eine solche unzulässige Einflussnahme durch Diepgen?

Nein. Ich halte auch den Eindruck für gefährlicher als die reale Situation. Der Regierende Bürgermeister wird kaum so unklug sein, hier tatsächlich in irgendeiner Form eine Einflussnahme zu versuchen.

Was muss Diepgen tun, um den bösen Schein der Einflussnahme loszuwerden?

Das Einfachste wäre natürlich, eine andere Person mit der Leitung des Justizressorts zu betreuen.

Das wäre dann wahrscheinlich ein anderer Senator aus den Reihen der Koalitionsparteien.

Immer noch besser als, wie bisher, das Amt des Regierenden Bürgermeisters und die Leitung des Justizressorts in einer Person zu vereinen.

Konkret wird darüber nachgedacht, Innensenator Eckart Werthebach (CDU) zusätzlich mit der Leitung des Justizressorts zu betrauen.

Das ist höchst problematisch und wäre in jedem Fall abzulehnen. Es kann nicht sein, dass der Senator, der für die Polizei verantwortlich ist, gleichzeitig auch für die Staatsanwaltschaft und Justiz zuständig wird.

Übergibt Diepgen also das Justizressort an Innensenator Werthebach ...

... dann würde tatsächlich der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben.

INTERVIEW: ROBIN ALEXANDER