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Rot und Grün einig beim Asylrecht?

SPD will nicht „wie Kaninchen vor der Schlange“ auf Süssmuth-Kommission warten. Eigenes Konzept schon heute fertig

BERLIN taz ■ Zwischen SPD und Grünen zeichnet sich eine Einigung beim Asylrecht ab. „Da wird es keine entscheidenden Knackpunkte geben“, sagte Michael Bürsch, Mitglied der SPD-Arbeitsgruppe Zuwanderung und Integration, gestern der taz. „Es wird sicher nicht dazu kommen, dass die Asylverfahren auf niedrigere Standards reduziert werden“, versicherte Bürsch.

Die SPD-Arbeitsgruppe werde heute ihr Einwanderungskonzept fertig stellen und am 19. Juni in der Fraktion beschließen lassen. Bürsch betonte: „Wir warten nicht wie das Kaninchen vor der Schlange auf den 4. Juli“ – also auf den Tag, an dem die Süssmuth-Kommission ihre Ergebnisse offiziell präsentiert.

Keine Frage, die SPD-Fraktion fühlt sich derzeit in der Defensive. Vor allem der linke Flügel hält nichts von dem restriktiven Kurs, den Innenminister Otto Schily beim Asylrecht fährt. Dazu kamen Äußerungen von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering. Dieser hatte Anfang der Woche erklärt, die SPD habe bisher „mit Bedacht“ keine eigenen Positionen zur Zuwanderung vorgelegt, „um die dann abschleifen zu müssen“. Damit erweckte er den Eindruck, die SPD habe gar keine eigenen Positionen. Ein Eindruck, den Bürsch gestern zu korrigieren versuchte. Von wegen faule Genossen. „Wir waren schneller“, sagte Bürsch und verwies darauf, dass die Arbeitsgruppe schon im vergangenen April mit der Vorarbeit für ein Zuwanderungsgesetz begonnen habe. Man habe aber „im Stillen“ gearbeitet, „wie das gar nicht üblich ist“.

Bürsch hielt sich auch gestern daran, keine Details aus der verschwiegenen Runde zu verraten. Nur so viel: „Gravierende Unterschiede“ zu den Süssmuth-Empfehlungen seien im SPD-Papier nicht zu erwarten. Stärker als Süssmuth werde die SPD aber „die Prioriät der Integration von bereits hier lebenden Ausländern“ herausstellen. Der Bedarf an neuen Arbeitskräften sei in den nächsten fünf bis zehn Jahren „überschaubar“ und „kein drängendes Problem“.

So weit dürfte das SPD-Konzept durchaus den Vorstellungen der Union entsprechen. Entscheidend wird nun, wie weit die SPD den grünen Positionen beim Asylrecht folgt. „Wir werden das so weit mit den Grünen abklopfen, dass wir uns nicht ins Gehege kommen“, sagte Bürsch: „Wenn wir im Juli unsere Eckpunkte öffentlich vorlegen, wäre es sinnvoll, dass sie vorher mit den Grünen abgestimmt sind.“

Ein Konsens mit der Union rückt allerdings in immer weitere Ferne, wenn die SPD wirklich auf Verschärfungen des Asylrechts verzichtet und möglicherweise sogar die Anerkennung nichtstaatlicher Verfolgung als Asylgrund in ihr Konzept aufnimmt – eine Forderung, die gestern auch der Deutsche Caritas-Verband erhob.

CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach machte gestern klar, einen Konsens könne es allenfalls dann geben, wenn zusammen mit der Arbeitsmigration auch die Bekämpfung des „Asylmissbrauchs“ und die Beschleunigung der Asylverfahren neu geregelt werde. Hessens Ministerpräsident Roland Koch drohte bereits mit einem erneuten Zuwanderungs-Wahlkampf.

LUKAS WALLRAFF

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