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Regierung widerspricht Staatsanwälten

Bundesregierung legt Einspruch gegen Verfahrenseinstellung in Sachen Kanzleramtsakten ein. CDU bittetEx-Schatzmeister Kiep um Stellungnahme zu Zahlungsbereitschaft

BERLIN ap/dpa/afp ■ Im Fall der verschwundenen Kanzleramtsakten aus der Zeit von Helmut Kohl hat die Bundesregierung Widerspruch gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahren eingelegt. Das Bundeskanzleramt habe sich zum Thema Aktenvernichtung an die Staatsanwaltschaft in Bonn gewandt, sagte ein Sprecher von Kanzler Gerhard Schröder gestern. Nach Auffassung der Regierung bestehe ein Anfangsverdacht für Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft teile diese Meinung jedoch nicht, so der Sprecher.

Die Stellungnahme der Regierung erfolge erst jetzt, weil man zunächst den Verlauf eines eingeleiteten Disziplinarverfahrens habe abwarten wollen. Inzwischen seien durch das Auftauchen von Aktenbeständen des früheren Kanzleramtschefs Friedrich Bohl in der Konrad-Adenauer-Stiftung und den Bericht des Sonderermittlers der Bundesregierung, Burkhard Hirsch, zusätzliche Informationen verfügbar.

Hirsch hatte festgestellt, dass in den letzten Tagen der Kohl-Regierung im Kanzleramt Akten beseitigt und Computerdateien gelöscht worden waren. Die Informationen betrafen die Privatisierung der ostdeutschen Leuna-Raffinerie, Waffengeschäfte und den Verkauf von Eisenbahnerwohnungen.

Unterdessen hat die CDU ihren ehemaligen Schatzmeister Walther Leisler Kiep erneut aufgefordert, den durch sein Verhalten entstandenen Schaden in Höhe von zwei Millionen Mark auszugleichen.

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer stellte gestern einen Bericht der Berliner Zeitung klar, wonach der Anwalt der CDU von Kiep bereits einen konkreten Schadensersatz in Höhe von zwei Millionen Mark gefordert habe. Der Anwalt habe zunächst lediglich angefragt, „ob und inwiefern“ Kiep zu freiwilligen Zahlungen im Hinblick auf mögliche Regressforderungen in Höhe von zwei Millionen Mark bereit sei, sagte Meyer.

Über Schadenersatzansprüche entscheide abschließend der Bundesvorstand, so ein CDU-Parteisprecher.

Die Bundes-CDU verhandelt bereits seit längerem mit Kieps Anwälten. Dabei geht es um Schadensersatzforderungen, die die Partei gegenüber Kiep stellen könnte. Hintergrund ist eine Barspende von einer Million Mark, die Kiep 1991 vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber in der Schweiz entgegengenommen hatte. Diese Spende, deren Bekanntwerden im November 1999 den CDU-Spendenskandal ins Rollen brachte, war auf Veranlassung Kieps nicht ordnungsgemäß verbucht und veröffentlicht worden. Die Bundestagsverwaltung erlegte der CDU daher im vergangenen Jahr ein Strafgeld von zwei Millionen Mark auf.

Im März hatte Kiep eine weitere Million Mark an die Partei überwiesen. Wegen der ungeklärten Herkunft deponierte die CDU die Gelder vorerst auf einem Sonderkonto.

Die CDU-Parteivorsitzende Angela Merkel war stark unter Druck geraten, weil sie den Parteivorstand erst nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mit einem Monat Verzögerung über den Eingang der Million informiert hatte.

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