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Was tun?

Noch bis zum 21. Juni tagt in Genf die Internationale Arbeitsorganisation (IAO oder ILO für „International Labour Organization“). Das Thema der Konferenz ist vom diesjährigen ILO-„Global Report“ vorgegeben: „Stopping Forced Labour“ („Zwangsarbeit beenden“). Ende Mai wurde der Bericht in Genf vorgestellt. Warum, wird in dem Bericht gefragt, wird Drogenhandel schwerer bestraft als Menschenhandel? Dem Menschenhandel („Trafficking“) ist ein großer Teil des Reports gewidmet.

Wer im April die Berichterstattung über das vermeintliche Sklavenschiff „Etireno“ im westafrikanischen Benin verfolgt hatte, dem war die afrikanische Dimension des Problems nicht mehr ganz neu. Direkt im Anschluss, Anfang Mai, hatte sich eine Londoner Tagung mit den Umständen des Kinderhandels und der Kindersklaverei auf den Kakaoplantagen vor allem der westafrikanischen Elfenbeinküste befasst.

Wie Kevin Bales erklärt auch die ILO in ihrem Bericht, dass spezifische Formen von Sklaverei und Zwangsarbeit traditionell herrschen, andere Formen jedoch als Folge zügellos expandierender Märkte anzusehen sind. Sklaverei in Mauretanien, Liberia, Sudan oder Sierra Leone wird demgemäß als Produkt von Armut plus Tradition angesehen. Der Kinder- und Frauenhandel zum Zwecke der Zwangsprostitution in Mittel- und Osteuropa und Asien gilt jedoch als Folge von neuer Pauperisierung plus Mobilität von Mensch und Kapital, mithin als Globalisierungsphänomen. Eine weltweit einzigartige Situation herrscht in Burma (Myanmar), wo Zwangsarbeit und Sklaverei staatlich organisiert werden.

Die ILO fordert, dass die Regierungen aller Staaten Studien in Auftrag geben, um Umfang und Ausmaß der im 142 Seiten langen Bericht genannten Formen der Sklaverei zu erheben und Gegenmaßnahmen zu treffen. Auf die Arbeit der ILO ist ein Gutteil des öffentlichen Interesses an Sklaverei und Zwangsarbeit zurückzuführen.

Das seit den Neunzigerjahren verstärkte Engagement der Nichtregierungsorganisationen für Arbeitsbedingungen und Arbeitsnormen wurde, so erklärt Klaus Heidel von der Werkstatt Ökonomie, „dadurch gefördert, dass es nach dem Ende des Kalten Krieges zu einer Entideologisierung auch der entwicklungspolitischen Debatte kam“. Zuvor hätte auch die gesamte entwicklungspolitische Szene sich stark in die Blockkonfrontation einbinden lassen. Neue Medien und deren Vernetzungsmöglichkeiten, so Heidel, hätten der pragmatischen Auseinandersetzung mit Arbeitsbedingungen weltweit Vorschub geleistet.

Anti-Slavery International, die älteste Menschenrechtsorganisation der Welt mit Sitz in London, koordiniert die Aktivitäten der „Europäischen Aktion zur Überwindung von Zwangs- und Sklavenarbeit“ auf europäischer Ebene (www.antislavery.org).

Deutsche Anlaufstelle hierfür ist die Werkstatt Ökonomie e. V. in Heidelberg. Sie veranstaltet Briefaktionen, unterrichtet MenschenrechtspolitikerInnen der Bundestagsparteien und hat unter anderem das Düsseldorfer DGB-Bildungswerk und die IG Metall als Unterstützer gewonnen (www.woek.de).

Eine Ausstellung im Naturkundemuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Münster versucht derzeit, einen Überblick über „Zwei Jahrtausende Sklaverei“ zu geben – noch bis zum 23. September. uwi

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