Nur Sachsen Leipzig bleibt auf der Strecke

Vier von fünf bedrohten Sportwelt-Klubs bringen doch noch Bürgschaften zusammen – auch ohne Kölmels Hilfe

BERLIN taz ■ Sie hatten lange gewartet und gezittert, und am Ende sollte es sich gelohnt haben: Dreieinhalb Stunden vor Ablauf der Frist konnte Lutz Trümper tatsächlich die nicht mehr für möglich gehaltene Entwarnung geben. Also trat der Präsident des 1. FC Magdeburg vor die Geschäftsstelle und brachte die frohe Botschaft höchstselbst unters versammelte Fan-Volk: „Wir haben es geschafft“, rief Trümper den gut 500 Wartenden zu, die das Präsidentenwort beinahe ebenso heftig abfeierten wie letzten Samstag den 5:2-Sieg über den BFC Dynamo Berlin und den damit verbundenen Aufstieg in die Regionalliga.

Und letztendlich war an diesem Dienstagabend ja auch nichts anderes geschehen als ein zweiter und diesmal gesicherter Aufstieg binnen dreier Tage. Denn am Samstag, nach dem sportlichen Teil des Aufstiegs, hatten doch noch schwerste Zweifel bestanden, dass sie auch den wirtschaftlichen auf die Reihe bekommen würden. Vier Millionen Mark fehlten dem FCM plötzlich und quasi über Nacht, um jene rund 5 Millionen Mark an Bürgschaft beim Deutschen Fußball Bund hinterlegen zu können, die der DFB eingefordert hatte. Und mächtig in die Kritik gerutscht war dabei der Rechtevermarkter Sportwelt sowie dessen Chef Michael Kölmel: Sie waren es, die die bereits zugesagte Bürgschaft kurzfristig hatten platzen lassen.

Nun standen die FCM-Fans vor der Geschäftsstelle und sangen ihr „Nie mehr vierte Liga!“, während Präsident Trümper noch immer gerührt schien. „Dieses Engagement der ganzen Region hat die Banken überzeugt. Das war einzigartig“, schwärmte er von der Solidarität, die sein Klub in den vergangenen Tagen erfahren hatte und die in der deutschen Fußballgeschichte einmalig sein dürfte: Gut eine Million Mark hatten Mitglieder, Freunde und Gönner des Vereins binnen 48 Stunden zusammengetragen und damit überhaupt erst die Grundlage gelegt dafür, dass sich die heimische Stadtsparkasse sowie die DKB-Bank schließlich dazu bereit erklärten, die vom DFB eingeforderte Bürgschaft zu übernehmen und dem Klub somit die Regionalliga-Lizenz zu sichern. Und selbst Michael Kölmel schien das Engagement der Magdeburger für ihren FC tief beeindruckt zu haben, jedenfalls ließ sich auch der Sportwelt-Chef nicht weiter lumpen und sicherte laut Präsident Trümper dem Verein kurzerhand Mittel in Höhe von einer Millon Mark zu.

Bei anderen Klubs, bei denen die Sportwelt ihre Bürgschaft ebenfalls kurzfristig zurückgezogen hatte, blieb Kölmel hingegen hart, warum es überhaupt dazu gekommen war, hatte der Badener bereits am Montag der Berliner Zeitung erklärt: „Ich verbürge mich nur noch für Vereine, die seriös arbeiten“, wird Kölmel da zitiert, Klubs wie der FC Sachsen Leipzig, Fortuna Düsseldorf oder Rot-Weiß Essen, die ebenfalls zu seiner Sammlung gehören, zählt der promovierte Wirtschaftswissenschaftler ganz offenbar nicht mehr dazu. „Diese Vereine fahren den Karren an die Wand und hoffen, dass wieder die Sportwelt auftaucht und sie aus dem brennenden Wrack rettet“, sagt Kölmel. Genau dazu sei er nicht länger bereit.

Vor allem den FC Sachsen Leipzig trifft das bis ins Mark: Der Verein war, im Gegensatz zum 1. FC Magdeburg, nicht in der Lage, die 5,9 Millionen Mark an Bürgschaften anderweitig aufzubringen, noch in der Nacht zu gestern trat aus diesem Grund die Vereinsführung um Thomas Till zurück, den Leipzigern droht nun der Zwangsabstieg in die Oberliga. Bizarrerweise könnte genau dies bei Fortuna Düsseldorf, laut Kölmel „der Inbegriff der Misswirtschaft“, nun Hoffnungen auf den Klassenerhalt schüren. Zwar hatte sich Fortuna, ebenfalls ein Kölmel-Klub, in der zurückliegenden Saison weder sportlich noch wirtschaftlich als regionalligatauglich erwiesen und die Sportwelt auch in diesem Fall die Bürgschaft platzen lassen, nun aber scheint Rettung und Klassenverbleib zumindest nicht mehr gänzlich unmöglich: Ganz offenbar hat auch der Krisen liebende Verein mit Stadtsparkasse und einer Großbäckerei, ähnlich wie Magdeburg in letzter Sekunde, zwei potente Helfer gefunden, zudem gaben am Dienstag die „Toten Hosen“ bekannt, Fortuna in den nächsten beiden Jahren mit einer Million Mark sponsern zu wollen. Ähnliches Glück können auch Rot-Weiß Essen sowie Eintracht Braunschweig vermelden: In Essen haben sich zwölf Unternehmer in letzter Sekunde bereit erklärt, die Bürgschaft von 6,1 Millionen Mark zu übernehmen, in Braunschweig war es die Stadt, die mit 4 Millionen in die Bresche sprang und half, die Lizenz zu sichern. Und das ganz ohne Kölmels Hilfe. FRANK KETTERER