Kein Knüppel aus dem Sack

■ Lange Schlangen, schlechter Service, unfreundliche Mitarbeiter: Ist die Ausländerbehörde ein „Ort staatlich sanktionierter Diskriminierung“? Interview mit der neuen Chefin Peggy Xyländer

„Anstalt für Deutsche 2. Klasse“, „unwürdig“, „dreckig“ – das sind noch die freundlichsten Kommentare über das Ausländeramt in der Pfalzburger Straße. Die Juris-tin Peggy Xyländer ist seit April die neue Chefin.

taz: Viel Glück im neuen Amt, Frau Xyländer. Politiker aller Parteien sagen, ihre Dienststelle sei die schlimmste Behörde der ganzen Stadt. Wie kommt das?

Peggy Xyländer: Die Publikums-Bereiche einer Behörde kommen nie gut in der öffentlichen Meinung weg, egal ob das jetzt das Sozial- oder das Wohnungsamt ist. Außerdem hat Bremen wenig Geld. Die Ausländerbehörde ist in den letzten 10 Jahren nicht gerade überschwänglich mit Personal- und Sachmitteln ausgestattet worden.

Deswegen muss es ja nicht gleich ein „Ort staatlich sanktionierter Diskriminierung“ sein, wie die Ausländerbeauftragte Dagmar Lill beklagt.

Wenn man ständig an der Kapazitätsgrenze arbeitet, kann niemand erwarten, dass immer alles klappt.

Viele Ausländer klagen, sie würden von missmutigen Arbeitern wie ein Stück Vieh abgefertigt.

Es geht bei unseren Entscheidungen nicht um Leben und Tod, aber ums Bleiben oder Gehen. Dass da Emotionen hochschlagen, dass es hier brodelt, ist völlig klar. Wenn ich den Klagen nachgehe, relativiert sich das meist schnell. Außerdem prüfen wir derzeit, ob wir Mitarbeiter in Konfliktmanagement schulen. Bloß: Dann fehlen sie im Schalterdienst.

Wie viel Personal bräuchten Sie denn?

Wir sind zurzeit 29 an den Schaltern. 15 Leute mehr wären gut, um normalen Publikumsverkehr zu gewährleisten. Immerhin gibt es hier 67.000 Ausländer.

Sechs Stunden Wartezeit – keine Seltenheit. Warum gibt es nicht mehr Geld, um die Zustände zu verbessern?

Das müssen Sie die Politiker fragen. Außerdem hat der designierte Innensenator Kuno Böse betont, dass die Ausländerbehörde im Service nicht hinter dem Bürgerzentrum in der Pelzer Straße zurückstehen soll. Aber: Auch Herr Böse kann keine Menschen schnitzen, wenn das Geld fehlt.

Was wollen Sie verändern?

Nach den Ferien können wir hoffentlich schon längere Öffnungszeiten und eine Telefon-Hotline anbieten.

Auch Uwe Papencord, der Leiter der Abschiebungsgruppe, steht als Hardliner in der Kritik.

Das muss ich zurückweisen. Wir haben hier keine Leute, die nach dem „Knüppel-aus-dem-Sack“-Prinzip arbeiten. Leider hat gerade die Abschiebungsgruppe wenig Handlungsspielraum. Aber: Wo wir Ermessen haben, wird das auch genutzt.

Warum wird zurzeit mit derartigem Eifer gegen die libanesischen Kurden vorgegangen?

Es gibt viele Gründe, sich dem Thema zu widmen. Unsere Aktivitäten sind alle mit der Innenbehörde abgestimmt.

Die CDU hat ihre eigene Lösung für das Problem „Ausländeramt“: Einfach eine neue Stelle für Firmenbosse, externe Professoren und Studenten schaffen, quasi eine Zwei-Klassen-Behörde für reiche, wichtige und arme, unwichtige MigrantInnen?

Bei uns gibt es keine Unterschiede zwischen guten und schlechten Ausländern. Jeder hat Anspruch auf den gleichen Service. Außerdem bieten wir länmgst Ansprechpartner extra für Firmen, eine Außenstelle an der Universität wird kommen. Aber nur, wenn die Uni den Mitarbeiter bezahlt.

Interview: Kai Schöneberg