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Polizei-Schutzpatron St. Georg

Die CDU legt „Hilfskonzept“ für den Stadtteil vor: Nur die Innere Sicherheit soll es richten – nicht die Sozialpolitik  ■ Von Sandra Wilsdorf

Drei Dinge braucht St. Georg: Polizei, Polizei, Polizei. Die CDU legte gestern vor, was sie einen „Hilfsplan für St. Georg“ nennt und „Repression statt Prävention“ zum Grundsatz hat. So saßen denn bei der Vorstellung des Planes auch kein Gesundheitspolitiker, sondern nur Fachmänner für Innere Sicherheit auf dem Podium, nämlich CDU-Sicherheitsberater Roger Kusch, Polizeigewerkschafter und CDU-Bürgerschaftskandidat Joachim Lenders sowie der Finanzexperte und CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Michael Freytag.

Die Forderungen: 400 neue Stellen für die Polizei. 100 davon sollen in den Landesdienst übernommene Bundesgrenzschutzbeamte sein. Die Polizisten sollen ihre Arbeit in Zivil erledigen, „der Dealer muss hinter jedem Bürger einen Polizis-ten vermuten“, wünscht sich Lenders. Außerdem sollten die Polizis-ten Schutzwesten und neue technische Hilfsmittel erhalten, sowie Zimmer anmieten können, von wo aus sie gerichtsfeste Beobachtungen machen und dokumentieren können. Sie sollen Brechmittel einsetzen und statt kurzfristiger Platzverweise längerfristige Aufenthaltsverbote aussprechen können. Darüber hinaus würde eine CDU-Regierung 17 zusätzliche Staatsanwälte und 54 Richter einstellen, außerdem „härter durchgreifen“ und geschlossene Einrichtungen für jugendliche Dealer einrichten.

Ach ja, und nach fünf Seiten Repression folgt im „Hilfsplan für St. Georg“ auch noch eine zur Drogenhilfe: Die CDU würde innerhalb eines Jahres die Zahl der Entgiftungs- und Therapieplätze so ausbauen, dass jeder, der das möchte, ohne Wartezeit aussteigen kann. Die CDU veranschlagt dafür 18,3 Millionen öffentliche Mark pro Jahr.

Was Kusch offenbar nicht weiß: Nicht Stadt und Steuerzahler zahlen Therapien, sondern Krankenkassen und öffentliche Versicherungsträger. Außerdem kostet in der CDU-Phantasierechnung ein Therapieplatz 500 Mark am Tag, nach Angaben der Gesundheitsbehörde sind es tatsächlich nur 200 Mark. Was Kusch offenbar auch nicht weiß: Seine Fraktion ist sich mit allen anderen darüber einig, dass St. Georg eine weitere Fixerstube braucht. Gesundheitsräume? „Wir sehen keinen Anlass, sie auszuweiten. Das Ziel ist Drogenfreiheit, nicht Verwaltung von Drogensucht“, sagt er.

Finanzieren würde die CDU das insgesamt 80 Millionen Mark teure St. Georg-Programm übrigens durch den Verkauf staatlicher Betriebe. „Es ist nicht erforderlich, dass der Staat Hafenrundfahrten betreibt, Flughafen, Messe und eine Bank besitzt“, findet Freytag. Durch den Verkauf könnte die Verschuldung gesenkt werden, und von den gesparten Zinsen würde der Bürger in Form von mehr Polizei profitieren.

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