: Haft für „geistigen Anstifter“
Überraschend deutliche Strafe: Neonazi Roeder zu mehr als zwei Jahren verurteilt
ROSTOCK taz ■ Pech für Manfred Roeder, den notorischen Holocaust-Leugner und verurteilten Neonazi-Terroristen: Nach fünfzehn Verhandlungstagen verurteilte ihn das Landgericht Rostock gestern zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und drei Monaten Haft. In dem Prozess ging es um eine Wahlkampfrede, die Roeder im Januar 1998 bei einem NPD-Parteitag gehalten hatte. Das Gericht bezog bei seinem Urteil eine einjährige Bewährungsstrafe wegen Leugnung des Holocausts und eine sechsmonatige Bewährungsstrafe wegen Volksverhetzung aus den letzten zwei Jahren mit ein.
Bei der Rede 1998 hatte Roeder als unabhängiger Kandidat der NPD den verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, als „Gauleiter“ und „Großmaul“ beschimpft. Darüber hinaus hatte Roeder nach Ansicht des Gerichts zum gewaltsamen Umsturz aufgerufen. Journalisten hatten als Zeugen ausgesagt, Roeder habe erklärt, „ohne Blut und Opfer gibt es kein neues Deutschland“. Das Gericht sah den Tatbestand der Volksverhetzung, Verleumdung des Staates und der Beleidigung erfüllt. Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte für eine Geldstrafe plädiert.
Roeder war 1982 wegen Rädelsführerschaft in einer rechtsterroristischen Vereinigung zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Seine Deutschen Aktionsgruppen hatten mehrere Sprengstoffanschläge verübt und bei einem Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Hamburg zwei junge Vietnamesen getötet. Reue hat Roeder nie gezeigt. „Ich hatte damit nichts zu tun“, lautete in Rostock die Standardantwort.
Der Vorsitzende Richter mochte den Beteuerungen nicht glauben. Unter Verweis auf sechs Morde an Obdachlosen in Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen Jahren bezeichnete er Roeder als „geistigen Anstifter“, der zwar selbst keine Gewalt mehr ausübe, sich aber der Wirkung seiner Worte auf jugendliche Rechte durchaus bewusst sei.
Nach dem Rostocker Urteil soll nun vor der Staatsschutzkammer in Frankfurt am Main der nächste Prozess gegen den rechten Überzeugungstäter beginnen. In einem offenen Brief an alle Bundestagsabgeordneten hatte Roeder unter anderem behauptet, durch die Asylpolitik werde „Völkermord am eigenen Fleisch und Blut“ betrieben. Die Anklage lautet auf Volksverhetzung. HEIKE KLEFFNER
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