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nebensachen aus mexiko-stadtJonglieren mit Handtüchern und Cervantes

Ehekrach statt Honeymoon

Nun reicht es allmählich mit den Flitterwochen, meinen viele Mexikaner. Schließlich liegt die Hochzeit der Republik mit ihrem neuen Präsidenten, alias Mister Democracy, nun schon ein Jahr zurück. Der aber sieht das anders: „Ich will, dass der Honeymoon weitergeht“, rief Vincente Fox kürzlich US-amerikanischen Pressevertretern zu, „bitte lasst mich nicht scheiden.“ Er übersieht dabei, dass mit ein wenig Glück zwischen Hochzeitsreise und Scheidungsrichter ja noch so was wie eine Ehe liegen könnte. Vor dem Stichtag hatte der Bräutigam seiner Liebsten noch den Demokratie-Himmel auf Erden versprochen.

Doch trautes Glück ist nicht in Sicht: Statt der versprochenen sieben Prozent Wirtschaftswachstum wird es dieses Jahr, den rezessierenden Amis sei es gedankt, nur für zwei Punkte reichen. Eine Steuerreform soll zwar ganz Mexiko irgendwann „reicher“, zunächst aber für alle alles teurer machen. Und hatte Fox „Subcomandante Marcos und unsere indianischen Brüder“ bis vor kurzem, sehr zu deren Leidwesen, noch zu Intimfreunden deklariert, so gibt es diese seit neuestem gar nicht mehr: Heute nämlich, so weiß Fox zu berichten, herrsche in Chiapas „gar kein Konflikt“, sondern „seeliger Frieden“.

Nix aber hat die frisch vermählten Mexikaner so sehr erbost wie die Sache mit den Handtüchern. Nicht irgendwelches Frotteezeug, sondern mit Präsidentenlogo bestickt und für knapp 1.000 Mark das Stück – ungefähr dreimal soviel wie ein mexikanischer Mindestlohn. Findige Redakteure hatten die Kosten für den präsidialen Hausrat aus dem Internet geklaubt, und seither lebt das Land sein eigenes kleines Watergate, kurzum Toallagate getauft (Toalla, die LeserIn errät es wohl, heißt Handtuch).

Der Präsident findet dabei lediglich die eigene „Transparenz“ bemerkenswert, der Rechnungshof prüft artig, und der perplexe Chefeinkäufer lässt verlauten, man habe bei der Dienstvilla sogar noch Geld gespart. Die Opposition hingegen ist um ein Symbol reicher: Keine Kundgebung, auf der nicht mindestens ein Redner in Handtücher umwickelt erscheint, Abgeordente wedeln mit Waschlappen und Frotteewaren, und in den Karikaturen haben Badezimmerszenen Hochkonjunktur.

Flauschige Handtücher sind zweifellos was Feines. Literatur aber auch. Dass der Präsident letzteres ebenfalls findet, war bislang, nun ja, eher weniger bekannt. Freimütig hatte dieser bei jeder sich bietenden Gelegenheit erklärt, dass er in seiner knappen Zeit die Lektüre von Ratgebern („Wege zum Erfolg“) favorisiere. Nun aber geht er in die kulturelle Offensive. „Gewiss bellen welche“, paraphrasierte er neulich, in Anspielung auf sich häufende Kritiken, munter Miguel de Cervantes. „Aber das heißt nur, dass das Land mit festem Schritt vorangeht.“ Um sicherzugehen, dass auch der letzte Reporter verstanden hat, fügte er hinzu: „ganz so, wie es der Quijote in seinen Träumen gesehen hat“.

Ein Knurren ging durch den Blätterwald. Nein, nein, beeilte er sich klarzustellen, keinesfalls wolle er seine Kritiker mit Hunden . . . zu spät. Der unfeine Vergleich sei gar nicht mal das Beunruhigendste, schrieb ein Kolumnist, sondern die Tatsache, dass der traurige Ritter bekanntlich nicht so sehr „geträumt“ als vielmehr „halluziniert“ habe. Das wäre dann wohl tatsächlich ein Scheidungsgrund. ANNE HUFFSCHMID

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