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Manöver vor Makedonieneinsatz

Der Kanzler: Die Bundeswehr beteiligt sich an einer Nato-Aktion. Der Generalinspekteur: Zum Großeinsatz ist sie nicht fähig. Ein Widerspruch? Bedingt

aus Berlin BETTINA GAUS

Der Ton macht die Musik. Formal kann Generalinspekteur Harald Kujat sich jederzeit darauf zurückziehen, im Kern nichts anderes gesagt zu haben als Gerhard Schröder – und dennoch ist der Eindruck nicht falsch, dass der ranghöchste Offizier der Bundeswehr den Kanzler öffentlich dementiert hat. Interessant sind nämlich nicht etwa die auf den ersten Blick einander widersprechenden Äußerungen, sondern deren jeweilige Stoßrichtung.

Schröder hat vor wenigen Tagen seine Bereitschaft zu einer deutschen Beteiligung an einem Nato-Einsatz in Makedonien bekundet. Der Generalinspekteur erklärte kurz darauf, dass Entsprechendes von der Bundeswehr überhaupt nicht verlangt worden sei – und dass die deutschen Streitkräfte angesichts knapper Ressourcen zu einem weiteren Großeinsatz derzeit auch nicht in der Lage seien. Hat Kujat dem Kanzler also die rote Karte gezeigt? Diese Interpretation ginge zu weit.

Kujat hat Recht: Die Verbände, die entsprechend einem Beschluss des Nato-Rats im Rahmen einer freiwilligen Entwaffnungsaktion für 30 Tage nach Makedonien entsandt werden sollen, sind bereits benannt, und die Bundeswehr gehört nicht dazu. Wahr ist aber auch: Inzwischen findet sich niemand mehr, der dieses Mandat für realistisch hält, das von Skeptikern von Anfang an für allzu optimistisch gehalten worden war. Sollte die Nato tatsächlich in Makedonien intervenieren, dann wird dies wohl nur im Rahmen eines längerfristigen Auftrags und mit höherer Personalstärke möglich sein. In einem solchen Falle aber wird die Bundeswehr mit Sicherheit um eine Beteiligung gebeten werden. Die Frage ist: in welchem Umfang und für welchen Zeitraum?

Schröder und Kujat stimmen darin überein, dass vor dem Beginn jeder Nato-Operation eine politische Definition dessen stehen muss, was die Militärallianz in Makedonien eigentlich genau zu erreichen beabsichtigt. Was sich zunächst wie eine Selbstverständlichkeit anhört, ist in Wahrheit von hoher Brisanz – und genau der Punkt, an dem Kanzler und Generalinspekteur unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

Schröder will den Eindruck eines deutschen Sonderweges vermeiden und den von Bündnistreue erwecken. Aus gutem Grund: Die rot-grüne Koalition hat die Verbündeten gleich in mehrfacher Hinsicht in letzter Zeit enttäuscht. Die Deutschen liegen derzeit weit hinter den Planzielen der Modernisierungsvereinbarungen zurück, die Schröder 1999 beim Nato-Gipfel in Washington noch selbst gebilligt hatte. Es liegt vor allem am deutschen Rückstand, dass die EU beim Gipfel in Göteborg nicht wie ursprünglich geplant stolz eine wenigstens begrenzte Einsatzfähigkeit der geplanten Interventionstruppe verkünden konnte.

Vor diesem Hintergrund käme eine deutsche Weigerung, sich an einem Nato-Einsatz in Makedonien zu beteiligen, einer Bankrotterklärung gleich. Kujat wollte erkennbar verhindern, dass angesichts der wachsenden Kritik in den Reihen der Verbündeten die Versprechungen allzu großzügig ausfallen. Deshalb hat er vorsorglich betont, dass Deutschland zu einer weiteren Operation wie der im Kosovo derzeit nicht in der Lage sei. Das stimmt.

Derzeit sind auf dem Balkan etwa 7.000 Bundeswehr-Soldaten stationiert, fast ausschließlich Angehörige des Heeres. Rechnet man die Vor-und Nachbereitungszeit sowie eine Pause zwischen zwei Auslandseinsätzen hinzu, dann bindet das rund 25.000 Militärs. Offiziellen Bundeswehrangaben zufolge stehen nur rund 37.000 Heeressoldaten überhaupt für Kriseneinsätze zur Verfügung – viel Spielraum bleibt da nicht.

Derlei Rechnungen scheinen weder diejenigen zu mögen, die von der Möglichkeit militärischer Friedenserzwingung überzeugt sind noch diejenigen, die der wachsenden Bedeutung der Streitkräfte in der Außenpolitik ohnehin misstrauisch oder ablehnend gegenüberstehen. Letztere scheinen zu glauben, mit dem aus ihrer Sicht riesigen Bundeswehretat lasse sich mühelos die ganze Welt erobern. Und erstere – glauben offenbar dasselbe. Nüchtern rechnende Militärs haben es da schwer. Harald Kujat ist dem Vernehmen nach für den Vorsitz des Militärausschusses der Nato in Brüssel im Gespräch. Der Wahltermin für diesen Posten ist bereits mehrfach verschoben worden. Nun wird der 20. November avisiert. So lange wird er wohl noch durchhalten.

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