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Internet-Konferenz für alle

■ Bremer Kleinstunternehmen entwickelt Weltneuheit: Ein Kommunikationsprogramm fürs Internet, das völlig unabhängig von Hard- und Software läuft

Wer jemals versucht hat, einen Apple-Computer über das Internet mit einem Microsoft-PC ins Gespräch zu bringen, der ahnt, an welcher Sensation die drei Programmierer des kleinen Bremen Unternehmens „Interno“ arbeiten. „Intercom“ heißt ihr Zauberprogramm, das die weltweite Kommunikation beliebiger Computer mit beliebiger Software über das Internet ermöglichen soll. In dieser Woche wurde das, was davon bereits funktioniert, in der Hochschule Bremen vorgestellt.

Und da saß tatsächlich Interno-Programmierer Frank Bienk im Seminarraum an einem Apple-Computer und sein Kollege André Kutz am anderen Ende der Stadt an einem Windows-PC. Trotzdem hatten beide stets den gleichen Bildschirm vor sich: rechts oben ein Fenster, in dem der Gesprächspartner zu sehen ist, darunter ein Textfeld für den synchronen Chat und daneben ein so genanntes „Whiteboard“. Das ist eine Fläche, in die jeder der beiden Kommunikationspartner ein Bild oder eine Grafik einblenden kann, die dann simultan auf beiden Bildschirmen erscheint und per Maus mit Linien, Anmerkungen oder auch einer Sprechblase versehen werden kann. Jede Veränderung erscheint zeitgleich bei beiden Nutzern.

Programme, die eine solche Kommunikation über das Internet ermöglichen, gibt es zwar schon seit einigen Jahren. Sie müssen allerdings erst umständlich auf jedem beteiligten Computer installiert werden. Und die Software-Grenze zwischen Apple und Microsoft lässt sich damit fast nie überspringen. Das Besondere an „Intercom“ ist nun, dass für die Zusammenarbeit am Bildschirm überhaupt kein Programm erforderlich ist. Es reicht aus, dass beide Seiten auf die von Interno programmierte Website gehen und dort kundtun, mit wem sie kommunizieren möchten. Sie müssen dabei noch nicht einmal zu zweit bleiben. Intercom soll es auch möglich machen, dass eine Person Bilder und Texte gleichzeitig an viele andere Personen schickt – die Voraussetzung für ein virtuelles Seminar.

Einige Jahre hat Frank Bienk bereits an „Intercom“ programmiert. In Kürze soll es sogar über eine Telefonfunktion verfügen, damit die Bildschirmkommunikation nicht mehr stumm bleiben muss. Und neben Bildern und Grafiken in Standardformaten sollen auch formatierte Texte oder Bauzeichnungen problemlos über das „Whiteboard“ von einem Rechner zum anderen verschoben werden können. Ein Vorgang, der bisher zwischen Apple und Microsoft-PCs zu Nervenzusammenbrüchen führte.

Ganz fertig ist Intercom allerdings noch nicht. Und das ist der Grund, warum aus dem Drei-Mann-Unternehmen in einem Horner Privathaus noch kein Millio-närsclub geworden ist. „Wir würden das Programm gerne an ein großes Unternehmen verkaufen“, sagt André Kutz, „bisher hat das aber leider nicht geklappt.“ Statt des ganz großen Geschäfts steht für die Interno-Belegschaft deshalb erst mal der Lebensunterhalt für die nächsten Monate im Vordergrund. Anträge ans Bundesforschungsministerium und an den Bremer Wirtschaftssenator sind geschrieben, noch stehen die Antworten aus.

„Ein halbes Jahr brauche ich noch“, sagt Programmierer Bienk. In Klaus Kammerer, Architektur-Professor an der Hochschule Bremen, hat er jetzt einen prominenten Unterstützer gewonnen. „Ich verstehe zwar nicht viel von der Technik“, gibt Kammerer unumwunden zu, dafür ist seine Begeisterung über die Verheißungen der problemlosen Kommunikation per Internet umso größer. „Beim Telefonieren wollen Sie ja auch nicht erst mal klären, welches Telefon Ihr Gesprächspartner benutzt und dann die entsprechende Software laden“, sagt Kammerer, „für die virtuelle Zusammenarbeit sollte das genauso gelten.“ Aus Hochschulmitteln hat er 3.500 Mark beschafft, damit zumindest eine Machbarkeitsstudie für „Intercom“ erstellt werden konnte. Ase

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