: Kurdische Libanesen schlagen zurück
■ Klage gegen Innenressort, Polizei und deutsches Konsulat wegen Falschbeurkundung
Die Flüchtlingsinitiative und das Antirassismus-Büro Bremen wollen Strafanzeige gegen das Innenressort, die Polizei und das deutsche Generalkonsulat in Izmir erheben. Der Klagegrund: Falschbeurkundung im Fall einer Familie kurdischer Libanesen aus Habenhausen. Angeblich wollen die Behörden mit nachweislich gefälschten Papieren die Abschiebung einer libanesischen Familie aus Habenhausen erzwingen, schreiben die Ausländer-Initiativen in ihrer Klageschrift.
Damit wird ein neues Kapitel im Streit um die gut 500 kurdischen Libanesen in Bremen aufgeschlagen: Bislang versuchte die Innenbehörde, die Asylanten mit Klagen aus Deutschland abzuschieben. Jetzt klagen die Kurden erstmals zurück. Im Kern dreht sich die Klage um die seit langem angezweifelten Papiere aus der Türkei, mit denen die Innenbehörde versucht, die Herkunft der kurdischen Libanesen zu beweisen.
Im vorliegenden Fall läuft derzeit vor dem Verwaltungsgericht ein Eilverfahren, um die Libanesen aus Bremen abzuschieben. Dabei legte das Innenressort Bescheinigungen vor, die beweisen sollen, dass die kurdisch-libanesischen Kinder auf eine Grundschule in Izmir gegangen sind. „Auch diese lassen darauf schließen, dass die Familie in der Türkei gelebt hat“, heißt es in einem Schreiben des Innensenators an das Gericht. „Da in türkischen Schulen Türkisch gesprochen wird, kann auch davon ausgegangen werden, dass die Kinder die türkische Sprache sprechen.“ Die Familie bestreitet hingegen, dass ihre Kinder in der Türkei auf die Schule gegangen sind.
Die vorgelegten Schulurkunden seien nach Aussage von türkischen Experten „dilettantische Fälschungen“, heißt es in der Klageschrift. Ein Kind wäre danach bei der Einschulung vier Jahre alt gewesen, während in der Türkei erst mit sieben Jahren eingeschult würde. Außerdem geht aus den Papieren hervor, dass drei der libanesischen Kinder bis zum Jahr 1994 in Izmir zur Schule gegangen sein sollen. Tatsächlich leben sie aber seit Oktober 1988 in Deutschland. Danja Schönhöfer von der Flüchtlingsinitiative hält diese Dokumente für „Gefälligkeitsbescheinigungen. Wenn ich so ein Papier bekommen hätte, hätte ich es still und heimlich in der Schublade verschwinden lassen.“
Peggy Xyländer, die Chefin der Ausländerbehörde, hält die Klage für „abenteuerlich“. Die Ausländerbehörde würde sich bei ihren Ermittlungen nicht auf zweifelhafte Dokumente verlassen. „An gefälschten Bescheinigungen kann niemand Interesse haben. Wir wollen die Wahrheit herausfinden – und keine gefälschten Türken.“
ksc
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen