kabolzschüsse
: Auf der Suche nach Berlins randigster Randsportart

Strict Curl

Die Luft ist zum Schneiden. Es riecht nach Raubtier. Olsenbanden-Benny geht an die Gewichte. 20 Leute gucken ihm zu. Benny hat seinen Körper in ein schwarz-rotes Ringerdress gezwängt. Sein Bauch sticht hervor wie der Ayers Rock aus der australischen Ebene. Benny greift sich die Hantel, lehnt sich an eine Säule und wartet auf das Kommando. Plötzlich ruft einer: „Mensch, lass'n Arsch jetz ranne!“

Der Schiedsrichter sagt „Start“ und Benny versucht den Arsch dran zu lassen. An der Säule. Er darf nur die Arme bewegen, die die Hantel an die Brust bugsieren. Bennys Gesicht verzerrt sich. Die Hantel hat er strict gecurlt, aber seinen Arsch bekam er wieder nicht in den Griff. Drei Referees heben die rote Fahne: ungültig. Benny guckt jetzt so hilflos wie der Filmheld der dänischen Gang, wenn ein kniffliger Auftrag ansteht.

Echte Typen sind aufmarschiert in der Halle an der Moabiter Siemensstraße. Da geben sich also Olsenbanden-Benny, Knochenbrecher-Schorsch und Moneten-Wolfi ein Stelldichein.

Moneten-Wolfi ist der Chef der Veranstaltung. Er ist Kassierer in einer Berliner Disco, in der offenbar ein Gutteil der Curler als Rausschmeißer arbeitet. Und wenn nicht als Rausschmeißer im Exxell, dann als Ordner bei Hertha BSC. Moneten-Wolfi heißt eigentlich Wolfgang Niemack und ist 55 Jahre alt. Er hat mal mit Gene Hackman gedreht. „So ein Agentending“, sagt Wolfi. „Drüben“. Drüben in den Staaten, versteht sich.

In San Diego ist er auf den Sport gekommen und hat Strict Curl 1996 nach Deutschland geholt. Die Offene Meisterschaft am Samstag ging als Deutsche Meisterschaft durch. „Ich gehe demnächst wieder auf Welttournee, Indonesien und so“, erzählt Wolfi weiter, zieht an einem Zigarillo und führt dann aus, warum auch starke Männer weich sein können: „Bei mir inne Disco hamse sone Arme.“ Er macht eine Geste, die ein Traktorrad in die Luft malt. „Aber die haben schwache Nerven.“ Wolfi hat verdammt starke Nerven, weshalb er immer gewinnt. In der 75-Kilo-Klasse für betagte Heber hält er den Rekord mit 50 Kilo. „Ich will gar nicht, aber ich gewinn halt.“

Nun ist die Geschichte mit Johannes Heesters dran, den er gut kennt. „Mein Jugendfreund ist Filmproduzent, und ich bin witzig drauf, so trifft man sich.“

Jetzt trifft er erst mal Knochenbrecher-Schorsch. Und der ist an der Hantel. Knochenbrecher-Schorsch muss aufpassen, dass er nichts falsch macht. Immerhin, so Wolfi, handle es sich „um eine der schwersten Sportarten“. Schwer bedeutet: Man bringt den Arsch an die Wand und hält den Körper still. Die Wettkampfregel besagt: die Hantel muss in einer Bewegung von 180 Grad ohne Pause zur Brust geführt werden – dabei dürfen sich nur die Unterarme bewegen. Die Athleten haben drei Versuche. Ungültig ist zum Beispiel einer, in dessen Verlauf „sich die Position des Kopfes verändert“ oder wenn „während der Hebung eine Pause erkennbar ist“.

Schorsch schafft's. Mit hochrotem Kopf erklärt er danach, dass Strict Curler auch gute Bankdrücker sind. „Aber Strict Curl ist viel ästhetischer, beim Bankdrücken brechen ja manchmal die Knochen“, verrät Knochenbrecher-Schorsch, der Pressesprecher des Berliner Gewichtheber- und Kraftsportverbands ist.

Ausrichter der Curlerei war der SV Siegfried Nordwest. Auch Sparta 96, der SC Lurich 02 und SV Buch schickten ihre Bizepsmonster. Sie alle scheitern am Weltrekord des Herrn Brown aus den USA. Der curlte neulich 102,3 kg. Vielleicht trifft ihn Moneten-Wolfi auf seiner Welttournee. MARKUS VÖLKER

Auf der Randsportskala von null bis zwölf: 11,7 Punkte