Mitten im Suff

■ Wut und Alkohol – am Ende verkokelten bislang nur Türen und Jacken / Um mehr zu verhindern, verordnet Gericht den Entzug

Dass der Vater bei der Feuerwehrmann arbeitet, mag Zufall sein. Trotzdem griff Susanne H. im Suff zum Feuerzeug. Zündelte in den Häusern, in denen sie lebte. Mindestens drei Mal. Einmal hätte sie dabei fast ein Zehnfamilien-Haus in Brand gesetzt. Das letzte Mal stand sie mit 3,39 Promille quasi unter Vollrausch – und ges-tern wegen versuchter Brandstiftung, Sachbeschädigung und Unterschlagung vor Gericht.

Eine bizarre Geschichte: Schwer alkoholisiert und frustriert über Mutter/Ex-Mann/Freund/Vermieter setzt die 38-Jährige wiederholt Gegenstände in Brand. „Vielleicht wollte ich was erwecken, vielleicht Aufmerksamkeit“, sagt sie dem Richter. „Hilfeschreie“, nennt das die Gutachterin. Erinnern kann sich H. jedenfalls kaum. Vom simplen Tathergang wissen die Polizeiakten deutlich mehr als sie selbst.

Vom Teelicht zum Beispiel. Das schob sie unter die Kellertür der Nachbarin, als sie Ärger mit der Mutter hatte. Ein paar Monate später steckte sie einen Riesenkarton mit Presspapier im Hausflur an. Verschwand daraufhin zum Kiosk, „Zigaretten holen und was trinken“. Als sie zurückkam, war die Feuerwehr schon da. Vor einem Jahr hat sie dann vor Wut die Jacke ihres Vermieters angesteckt. Dann ging sie wieder weg, Pizza holen und noch in die Kneipe. Mindestens 16 Dosen Pils hatte sie intus. Die Polizei steckte sie gleich in die Ausnüchterungszelle.

Passiert ist bei all dem nicht viel: Die Tür fing kein Feuer, und außer der Jacke verkokelten nur ein paar Kabel. Aber: Das Mehrfamilienhaus hätte abbrennen können, wenn die brennende Kartonage nicht rechtzeitig gefunden worden wäre. Und: In den Häusern, in denen H. wohnte, kam es immer mal wieder zu kleinen Bränden. Ob H. auch dafür verantwortlich war, ließ sich nicht mehr klären.

Dann waren da noch haufenweise Briefe. Zur Aushilfe hat sie Briefe ausgetragen und an mindestens einem Tag ihre Runde nicht geschafft. Die Post nahm sie kurzerhand mit nach Hause: 217 Briefe und 75 Zeitschriften. Auch da war Alkohol im Spiel.

Die Gutachterin betont, dass man, „um die Sicherheit der Allgemeinheit nicht zu gefährden, weiteren Straftaten vorbeugen muss. Zwar war nirgends böser Vorsatz zu erkennen. Auch schuldfähig ist H. wegen Brandlegung im Vollrausch nicht. Aber beim nächsten Ärgernis wären Wiederholungstaten nicht ausgeschlossen – „mit möglicherweise gravierenderen Folgen“, mutmaßt der Richter.

Also zurück zum Hauptproblem: – dem Alkohol –, das H. im Verfahren immer wieder runterspielt. „Seit einem halben Jahr trinke ich nicht“, sagt sie. Als Richter und Rechtsanwalt sie dann auf ihre Fahne ansprechen, heißt es, das könne auch „von gestern abend beim Griechen kommen. Zusammen mit Knoblauch.“ Seit mehreren Monaten soll sich H. eigentlich um eine Therapie kümmern. Passiert ist nichts außer zwei Gesprächen mit den Anonymen Alkoholikern. „Was haben Sie in der ganzen Zeit eigentlich gemacht“, will der Richter wissen. Umgezogen ist sie, Mittag gegessen hat sie, Bewerbungen geschrieben. Das war's.

„Wir müssen sie dazu bringen, dass sie sich aus ihrer Abhängigkeit befreit“, fordert ihr Rechtsanwalt. Die Maßnahme, dass sie eine Entziehungskur antritt, will auch der Staatsanwalt. Und die kriegt sie: Neun Monate zur Bewährung und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. pipe