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Katholische Kirche versteckt Mörder

Der ruandische Priester Athanase Seromba sollte in Italien verhaftet und an das UN-Tribunal ausgeliefert werden

BERLIN taz ■ Die katholische Kirche in Italien hat einen der Beteiligung am Völkermord in Ruanda beschuldigten Priester versteckt. Pater Athanase Seromba erschien am Sonntag nicht in seiner Kirche San Mauro a Signa in Florenz, wo er laut Vorankündigung erklären wollte, wieso das UN-Ruanda-Tribunal ihn sucht. An seiner Stelle erklärte ein anderer, Seromba halte sich an einem geheimen Ort auf, um sich vor Reportern zu schützen.

Seromba ist einer der berüchtigsten Beteiligten am ruandischen Genozid, bei dem im April 1994 über 800.000 Menschen, zumeist Tutsi, getötet wurden. Nach Recherchen der Organisation „African Rights“ leitete er in seiner Gemeinde Nyange das „Sicherheitskomitee“, das die Morde an Tutsi in dem Ort organisierte, und überwachte persönlich die Ermordung von über 2.000 Tutsi, die sich in seine Kirche geflüchtet hatten – wie überall in Ruanda glaubten sie, dort Schutz zu finden. Seromba soll den Befehl gegeben haben, die Kirche samt Flüchtlingen mit einem Bulldozer niederzuwalzen. Fliehende Tutsi habe er persönlich erschossen.

Seromba hätte letzte Woche verhaftet und an das UN-Tribunal ausgeliefert werden sollen, aber die italienische Regierung sagte, es gebe dafür keine rechtliche Grundlage. Er hält sich seit kurz nach dem Völkermord in Italien auf. Seine Verhaftung sollte Teil einer europaweiten Aktion sein. Dabei wurden am vergangenen Donnerstag Ruandas Exfinanzminister Emmanuel Ndindabahizi im belgischen Verviers verhaftet; Liedermacher Simon Bikindi, dessen im Rundfunk gespielte Songs zur Ermordung von Tutsi aufforderten, kam in den Niederlanden in Haft und Exfeldgeistlicher Emmanuel Rukundo in der Schweiz. Alle drei sollen in das tansanische Arusha ausgeliefert werden, wo das UN-Tribunal sitzt. Seromba hätte das vierte Opfer der Verhaftungsaktion sein sollen.

UN-Chefanklägerin Carla del Ponte sagte, sie sei über die italienische Weigerung, den Haftbefehl zu vollstrecken, „überrascht und verblüfft“, da alle Staaten mit dem UN-Tribunal zusammenarbeiten sollten. Der Vatikan erklärte, der Papst habe 1996 gesagt, dass die Kirche nicht für Missetaten ihrer Angehörigen verantwortlich gemacht werden könne.

Nach UN-Angaben sind jetzt in Arusha 50 Ruanda-Völkermordangeklagte in Haft. Es gebe eine Liste mit 200 Personen, die die UNO richten wolle, sagte Chefermittler Laurent Walpen. Ein Drittel davon leben in Europa, vor allem in Frankreich, Belgien und den Niederlanden. D. J.

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