: Tschechien soll AKW stilllegen
Bundesregierung: Sicherheit in Temelín nicht gewährleistet. AKW-Chef dementiert
BERLIN/PRAG rtr ■ Die Bundesregierung hat die tschechische Regierung zu Gesprächen über das umstrittene Atomkraftwerk Temelín aufgefordert. Der stellvertretende Botschafter Deutschlands, Andreas Meitzner, übergab dem Prager Außenministerium gestern eine Stellungnahme zur Umweltverträglichkeitsprüfung von Temelín. Darin fordert die Bundesregierung die Stilllegung des AKWs wegen mangelnder Sicherheit. Auf Grund der Defizite sei Temelín weder nach deutschem Recht noch nach internationalen Standards genehmigungsfähig, heißt es. Auch die Vorkehrungen für den Notfallschutz seien unzureichend.
Die Bundesregierung bekräftigte außerdem, dass sie die geforderte Abschaltung des AKWs Temelín nicht mit den laufenden Verhandlungen zum EU-Beitritt Tschechiens verknüpfen werde. Diesen Eindruck hatte am Montag der Sprecher des Bundesumweltministeriums, Michael Schroeren, erweckt. Er hatte gesagt, die Bundesregierung halte die Klärung der Sicherheitsfragen im AKW Temelín für notwendig, um den EU-Beitrittsprozess des Landes „erfolgreich zum Abschluss zu bringen“.
In der Prager Tageszeitung Dnes wies der Leiter des tschechischen Atomkraftwerks Temelín, Frantisek Hezoucky, die Forderung nach einer Stilllegung scharf zurück. Die offizielle Stellungnahme der Bundesregierung zur Umweltverträglichkeit bezeichnete er als eine „Mischung aus Ideologie, fehlgeleitetem Fanatismus und eigennützigen Wirtschaftsinteressen“. Bei jedem westeuropäischen Atomkraftwerk ließen sich bei ähnlicher Betrachungsweise noch weit mehr Probleme als in Temelín finden.
Der AKW-Chef bezeichnete den Streit um die Anlage als politisches Problem. Jetzt müssten die Tschechen zeigen, ob sie eine „souveräne Regierung“ hätten oder nur „Sklaven“ seien.
Das Kraftwerk sowjetischer Bauart liegt 60 Kilometer von der deutschen und 50 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt. Es läuft seit Oktober 2000 im Probebetrieb. Seitdem hatte es mehrere Pannen gegeben, wegen denen der Atommeiler heruntergefahren werden musste.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen