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Richter als Schlichter

Karlsruhe schlägt überraschend eine außergerichtliche Einigung im Streit um das Ethik-Schulfach „LER“ vor

FREIBURG taz ■ Im Streit um das neue brandenburgische Unterrichtsfach LER (Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde) könnte es doch noch zu einer Einigung kommen. Rund drei Wochen nach der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe hat das Bundesverfassungsgericht den Verfahrensbeteiligten jetzt eine „einvernehmliche Verständigung“ vorgeschlagen. Ein derartiger Einigungsversuch ist unüblich und kam auch für die Beteiligten überraschend.

Geklagt hatten in Karlsruhe die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die beiden großen Kirchen und rund 20 Eltern. Sie wandten sich dagegen, dass der Religionsunterricht in Brandenburg nicht als ordentliches Lehrfach angeboten wird, während die Schüler in der Regel das 1996 eingeführte bekenntnisfreie Fach LER besuchen. Dies verletze im Grundgesetz garantierte Rechte der Kirchen, monierten die Kläger. Brandenburg beruft sich auf eine Ausnahmeklausel.

Jahrelang warteten die Beteiligten darauf, dass das überlastete Gericht sich der Sache annehmen wird. Umso bemerkenswerter ist nun der Vorschlag aus Karlsruhe, die Beteiligten könnten sich doch auch ohne ein Urteil einigen. In einem von Vizepräsident Hans-Jürgen Papier unterzeichneten Schreiben hat der Erste Senat sogar angeboten, er werde „selbstverständlich behilflich sein“ und „konkrete Vorschläge“ für eine Verständigung unterbreiten. Wie die Vorschläge aussehen könnten, wollte das Gericht gestern nicht mitteilen.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat den Vorschlag aus Karlsruhe umgehend begrüßt. Eine Einigung sei möglich, so erläuterte ein Rechtsexperte der Fraktion, wenn Religion in Brandenburg wieder als „ordentliches Lehrfach“ eingeführt wird – das heißt, wenn Brandenburg weitgehend nachgibt.

In der Potsdamer Landesregierung wollte man sich gestern noch nicht konkret äußern. Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) teilte nur mit, dass sich das Kabinett am Dienstag mit der Sache befassen wird. In der großen Koalition des Landes ist LER ein heißes Eisen, immerhin sitzt mit der CDU die Klägerseite inzwischen auch am Kabinettstisch.

Die Kirchen signalisierten gestern ebenfalls noch Abstimmungsbedarf. Allerdings besteht auch keine Eile. Wegen der Urlaubszeit hat das Gericht den Beteiligten Zeit für eine erste Rückmeldung bis zum 5. November eingeräumt. CHRISTIAN RATH

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