: Streit über Parteiengesetz
SPD-Schatzmeisterin und der Chef des Spenden-Untersuchungsausschusses gegen mögliche Haftstrafen für Politiker. Grüner Ströbele fordert befristete Berufsverbote
BERLIN taz ■ Die mögliche Einführung neuer Straftatbestände in das Parteiengesetz führt in der SPD zu Uneinigkeiten. Umstritten sind vor allem mögliche Zusatzsanktionen gegenüber Politikern und Parteien, die gegen das Parteiengesetz verstoßen.
Eine von Bundespräsident Johannes Rau eingesetzte Kommission zur Parteienfinanzierung hatte vorgeschlagen, Spitzenfunktionären bis zu drei Jahre Haft anzudrohen, wenn sie absichtlich Geldflüsse ihrer Partei verschleiern.
Der Vorsitzende des Spenden-Untersuchungsausschusses, Volker Neumann (SPD) wandte sich nun gegen diesen Vorschlag der Kommission. „Die bisherigen Strafgesetze reichen aus, wenn man sie denn anwenden würde“, sagte Neumann gestern der taz. „Als persönliche Meinung“ beschreibt dagegen Frank Hofmann, SPD-Obmann im Spendenuntersuchungsauschuss des Bundestags, Neumanns Sichtweise. Die SPD-Mitglieder seien mehrheitlich für strafrechtliche Sanktionen gegen Parteifunktionäre, wenn sie sich nicht an die Vorschriften hielten.
SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier deutete gestern vor Journalisten an, künftige Strafvorschriften sollten sich am Handelsrecht orientieren. In der Frankfurter Rundschau sprach sie sich gegen Sondersanktionen für Funktionäre aus. Es dürfe für Parteien und Politiker keine Strafen geben, die es im Wirtschafts- und Gesellschaftsleben nicht gebe.
Anderer Ansicht ist Christian Ströbele, Grünen-Obmann im CDU-Spendenausschuss. Ströbele denkt bei Sanktionen gegen Personen nicht nur an Maßnahmen strafrechtlicher Art, sondern auch an befristete Tätigkeitsverbote oder die Aberkennung des Mandats. „Ärzte, Architekten, Anwälte, selbst Fußballer erhalten Berufsverbote auf Zeit. Warum sollen Parteifunktionäre oder Politiker anders behandelt werden, wenn sie grob gegen Vorschriften verstoßen?“, sagte Ströbele der taz. Solche Strafen könnten aber nur von einem unabhängigen Gericht verhängt werden. Es sei kein Problem, „so was einzurichten“, findet Ströbele. Als „Nebenfolge, über die man reden könnte“, bezeichnete sein SPD-Kollege im Untersuchungsausschuss Hofmann eine mögliche Mandatsniederlegung. Die strafrechtliche Verfolgung sei jedoch der zentrale Punkt.
Für Ausschuss-Chef Neumann kommen Sanktionen außerhalb des Strafrechts nicht in Frage. Es komme hier eher auf die Moral der Abgeordenten an. „Es liegt an ihnen, die politische Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen“, sagt Neumann. Ansonsten „muss der Wähler entscheiden“. Es sei ein Selbstreinigungsprozess, den die Demokratie vorsieht.
Als Konsequenz aus der CDU-Spendenaffäre soll das Parteiengesetz bis Jahresende geändert werden. Neumann warnte die Regierungskoalition jedoch davor, die Novelle des Parteiengesetzes zu schnell anzugehen. Mit dem Kommisionsbericht stehe man gerade erst am Anfang der Diskussion. Neumann ist es wichtig, dass sich die Fehler der 80er-Jahre nicht wiederholen. In der so genannten Flick-Affäre sei das Parteiengesetz noch während der Ermittlungen des Untersuchungsauschusses gemacht worden.
In der aktuellen Diskussion über die Gesetzesnovelle sollten die Erkenntnisse des Gremiums auf jeden Fall berücksichtigt werden, sagt Neumann. Daher müsse man sich Zeit nehmen. Wenn die Gesetzesnovelle unter den beschriebenen Voraussetzungen noch in diesem Jahr vorgelegt werden könne, werde er sich nicht dagegen wehren.
JULIA WESSELOH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen