piwik no script img

„Wir wollen unseren Kollegen behalten!“

■ Bremer Traditions-Gaststätten setzen sich für von Abschiebung bedrohten Sri-Lanka-Flüchtling ein

Der Tamile Sinnadurai Ragu arbeitet seit Februar 1999 in der Spülküche des Restaurants Gasthausbrauerei Schüttinger hinter dem Marktplatz, seine Frau Pushpaleea Selvarajah seit kurzem nebenan im Friesenhof als Aushilfe. Ragu ist seit 1991 in Deutschland, seine Frau heiratete er 1996, sie haben zwei kleine Söhne. Ihre Asylanträge wurden abgelehnt, Ragus Duldung läuft am 18. August aus. Bundesweit werde seit letztem Jahr wieder zunehmend nach Sri Lanka abgeschoben, informiert Carola Praß vom Internationalen Menschenrechtsverein Bremen. Auch die Bremer Ausländerbehörde leitet jetzt Abschiebungen ein, weil Sri Lanka als sicher gilt. Beobachter vor Ort zeichnen ein anderes Bild des Bürgerkriegslands. Dort verschärft sich die Lage. Am Dienstag Morgen wurde der Flughafen der Hauptstadt Colombo vermutlich von Rebellen einer tamilischen Befreiungsorganisation angegriffen (die taz berichtete). Die Betriebsleitung des Schüttinger hat am Dienstag zusammen mit dem Menschenrechtsverein eine Petition eingereicht und fordert den Petitionsausschuss auf, sich beim Innensenator für ein Bleiberecht der Familie Ragu einzusetzen. Sie seien voll integriert und darüber hinaus wertvolle Arbeitskräfte, argumentieren die Gaststätten. Die taz sprach mit beiden Restaurantleiterinnen.

taz: Wussten Sie, was auf Ihren Mitarbeiter zukommt, wenn er weder als politischer Flüchtling anerkannt wird noch unter die sogenannte Altfallregelung für lange in Deutschland lebende und arbeitende Ausländer fällt?

Jutta Schmidt (Friesenhof): Als ich gehört habe, dass er abgeschoben werden soll, konnte ich das erst gar nicht glauben. Wie kann man jemand in ein politisch so unruhiges Land wie Sri Lanka abschieben? Man hört zwar immer wieder von Abschiebungen, aber realisiert gar nicht, wie schnell das gehen kann.

Wie sind denn die bisher 750 Unterschriften für die Petition zusammen gekommen?

Indra Könken (Schüttinger): Das waren zum einen Kollegen, aber wir haben das auch unter den Gästen herumgehen lassen. Eine Kollegin hat halb Oyten unterschreiben lassen.

Warum setzen Sie sich so für Ihren Mitarbeiter ein?

Schmidt: Das hat zwei Seiten: Wir wollen ihn sowohl als lieben Kollegen als auch als guten Arbeitnehmer behalten!

Könken: Er ist halt voll integriert und ein Kollege wie jeder andere auch, für den zum Geburstag oder zur Geburt seines Sohnes gesammelt wird.

Schmidt: Man muss es auch mal so sehen. „Normale“ Arbeitskräfte machen diesen Job in der Spülküche ja nicht, weil das eine unangenehme Arbeit ist. Unsere Erfahrung ist, dass sich jeder Deutsche zu fein ist für diese Arbeit. Fragen: Eiken Bruhn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen