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Verbissen angstfrei

Im Wahlkampf ist Innensenator Scholz ist auf den Hund gekommen. Aber wie ein Verbrecher aussieht, weiß er trotzdem nicht  ■ Von Stefanie Hundsdorfer

Angst ist wichtig für Innensenator Olaf Scholz. Gerade jetzt, im Wahlkampf. Aber nur die Angst der anderen: Die Bürger-Angst, die er wegkriegen muss. Indem er die angstlosen Bösen, die Dealer und Kriminellen, verängstigt. Ganz wichtig dabei: Er selbst kennt sie nicht, die Angst. Das hat er gestern wieder einmal eindrücklich demonstriert. Bei einer Vorführung auf dem Übungsgelände der Hamburger Polizeihundestaffel spielte Scholz einen Kriminellen, der bei einem Polizeihundeeinsatz gefasst wird.

Eine komische Verkleidung, die der Innensenator da gewählt hat. Weiß er denn nicht, wie ein echter Krimineller aussieht? Über Hemd, Krawatte und Anzugshose trägt der untersetzte Mann einen Lederschurz. Der linke Arm ist mit einer überdimensionalen Rolle aus beißfestem Material umwickelt, in der rechten Hand hält er einen biegsamen Stock. Das breite Lachen auf seinem Gesicht wirkt ein bsschen verkrampft. Macht er sich in diesem Aufzug etwa lächerlich? Oder reicht die Schutzkleidung nicht? Jetzt bloß nichts anmerken lassen, Olaf, denk an die Wähler. Tapfer blickt Scholz zu seinem Gegner, der ihm in 15 Metern Entfernung gegenüber sitzt.

Bedrohlich sieht er ja schon aus, dieser Schäferhund. Blues ist sein Name. 14 Monate alt und ganz schön unruhig. Wie ungeduldig dieses Polizei-Tier an der Leine zerrt. Die Frau, die ihn hält, man nennt sie Hundeführerin, hat ja alle Hände voll zu tun. Wenn er mal nicht so hecheln würde, dieser Bello. Und diese heraushängende Schlabberzunge!

Schluss mit Zweifeln, der Angst-Test beginnt. Scholz schlägt einige Male provozierend mit dem Stock an seine Seite, und schon jagt das Hundevieh auf den Innensenator zu. Sekundenbruchteile später der Zweikampf: Blues hat sich in Scholz' geschützten Arm verbissen. Dieser – ebenfalls etwas verbissen – wehrt sich. Aber Herr Innensenator, so beugen Sie sich der Hamburger Polizeigewalt! Scholz, jetzt ganz der Kriminelle, hört nicht. Er kämpft, angstlos wie immer. Erst als der Hund von ihm absetzt, besinnt er sich seiner Gehorsams-Pflicht. Und lässt sich abführen ...

Angst-Test bestanden. Ein entspannter Olaf Scholz, nun wieder in Anzug und Krawatte, beantwortet die Fragen der Journalisten. Schnell noch einige Worte zu St.Georg, Intensivdealern und Alkoholikern. Eben zu denen ohne Armschutz und Lederschürze. Die müssen schon mal gebissen werden. Ein mutiger Senator stellt sich seinen Herausforderungen. Der 23. September kann kommen.

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