: „In Hinterzimmer verbannt“
Die Tutzinger Rechtsanwältin Maria Sabine Augstein will Verfassungsbeschwerde gegen den bayerischen Sonderweg bei der eingetragenen Partnerschaft einlegen
taz: Was beabsichtigen Sie mit Ihrer Verfassungsklage gegen Bayern?
Maria Sabine Augstein: Ich protestiere damit, weil uns bis zu einer gesetzlichen Lösung in Bayern Rechte verloren gehen.
Die Bayerische Staatsregierung sagt, die Betroffenen mögen Geduld haben. Weshalb bringen sie die nicht auf?
Was hat das denn mit Geduld zu tun? Das Gesetz tritt zum 1. August in Kraft. Seit es Anfang Februar im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, ist Bayern darüber unterrichtet. Aber die Staatsregierung ging offenbar hochmütig davon aus, dass der Antrag auf einstweilige Anordnung gegen das Gesetz in Gänze zwingend Erfolg haben würde.
Die CSU hat wohl nicht damit gerechnet, dass das Bundesverfassungsgericht ihr nicht folgen wird.
Das ist doch nicht das Problem derjenigen, die in Bayern von Mittwoch an das Gesetz nutzen wollen. Nur weil die Regierung nichts in der Schublade hatte, kann doch die Gültigkeit eines Gesetzes nicht aufgeschoben werden.
Eine Eilverordnung wie in anderen Bundesländern ist im Freistaat Bayern aber nicht möglich.
Dann muss der Landtag zu einer Sondersitzung geladen werden, um das Versäumte nachzuholen. Das Problem ist nicht nur der 1. August. Wir befürchten, dass das Gesetzgebungsverfahren noch monatelang verschleppt wird.
Eine Landtagssitzung in der Urlaubszeit?
Der CSU-Fraktionsvorsitzende Alois Glück hat gesagt, er sehe für eine solche Sondersitzung keinen Anlass – was ja bedeutet, dass sie möglich wäre.
Das würde der Union nicht behagen. Friedrich Merz hat kürzlich geklagt, dass Homosexuelle so aggressiv seien.
Ich weiß nicht, was aggressiv daran sein soll, wenn man auf die Einhaltung der Gesetze pocht.
Ministerpräsident Edmund Stoiber fürchtet, die Ehe würde entwertet. Bald werde auf den Straßen kein frohes Kinderlachen mehr zu hören sein.
Unfug. Er geht erstens darüber hinweg, dass Homosexuelle auch Kinder haben. Zweitens unterstellt er, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft Frauen und Männer davon abhält, Kinder auf die Welt zu bringen.
Es werden aber weniger Kinder geboren.
Ja, weil es gerade für Frauen keine Rahmenbedingungen gibt, Beruf und Kinder unter einen Hut zu bringen. Ein Stichwort wie Ganztagsschule genügt.
Warum lehnen Sie den Gesetzentwurf der Stoiber-Regierung ab, die eingetragene Lebenspartnerschaften bei einem Notar besiegeln lassen will?
Wir wollen uns nicht aus der Öffentlichkeit drängen lassen, in ein Hinterzimmer. Der Notar ist keine Behörde. Ein Notariat ist kein Ort, an dem ein Fest gefeiert wird. Es ist kein Standesamt, keine Verwaltungsstelle. Homosexuelle Paare scheinen der CSU so peinlich, dass sie diese am liebsten aus dem Licht der Öffentlichkeit verbannen möchte.
INTERVIEW: JAN FEDDERSEN
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