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ein gedicht in gras

von RALF SOTSCHECK

US-amerikanische Unternehmen achten streng darauf, dass ihre Namen urheberrechtlich geschützt sind. Das hat McDonald’s bewiesen, als es eine schottische Wirtin vor Gericht zerrte, weil sie ihr Restaurant „McMunch“ genannt hatte. Die Vorsilbe „Mc“ gehöre nun mal den Fleischbrötchenbratern, den könne sich eine Schottin nicht einfach unter den Nagel reißen.

Renvyle House, ein altes Hotel in Connemara im Westen Irlands, hat mit einer anderen US-Firma Bekanntschaft gemacht – mit Pebble Beach, dem kalifornischen Golfzentrum, wo Tiger Woods die US Open gewonnen hat. Auch im Renvyle House gibt es einen Golfplatz, um die Gäste bei Laune zu halten. Er hat nur neun Löchern, aber er heißt ebenfalls Pebble Beach. Deshalb haben die Anwälte des US-Golfzentrums den Iren angeraten, den Namen sofort zu ändern. Sie haben die Chefs von Renvyle für ein Gespräch nach London zitiert.

Zu den Eigentümern des kalifornischen Pebble Beach gehört der Westernheld Clint Eastwood – ausgerechnet Eastwood, der in seiner Rolle als Mann ohne Namen berühmt geworden ist. Ronnie Counihan, der Renvyle-Geschäftsführer, sagt: „Ich kann die Amis ja verstehen. Aber wir sind, glaube ich, keine ernsthafte Gefahr für sie. Wir haben doch nur einen Freizeitgolfplatz.“ Den gab es aber schon zu Zeiten des früheren Besitzers Oliver St. John Gogarty, einem Schriftsteller und engem Freund von James Joyce. Und der Küstenstreifen habe schon „An Duirling“ geheißen, bevor Amerika entdeckt wurde, argumentieren die Leute von Renvyle: An Duirling bedeute „Kieselstrand“, also Pebble Beach. Ganz so dumm, wie man in Irland annimmt, sind die Amis aber doch nicht. Die Anwälte von Pebble Beach zogen einen Experten für die irische Sprache zu Rate und fanden heraus, dass An Duirling in Wirklichkeit ein „Steinstrand“ ist. Zwischen Kieseln und Steinen bestehe ein erheblicher Unterschied, finden sie.

Außerdem gehören zu den Stammgästen in Kalifornien die Golf-Asse Nicklaus, Watson und Woods, betonten die Anwälte in ihrem Brief. Befürchten sie, dass die berühmten Golfer durch die Namensgleichheit in die Irre geführt und nicht nur auf dem falschen Kontinent, sondern auch auf einen Neun-Loch-Platz landen würden, ohne es zu merken? Renvyle House schrieb zurück, dass man ebenfalls prominente Gäste aufbieten könne: Der Literaturnobelpreisträger William Butler Yeats verbrachte seine Flitterwochen dort, und Winston Churchill war sogar Stammgast. St. John Gogarty schrieb über Renvyle: „Es ist, als ob in diesem Feenland von Connemara, am letzten Ende Europas, das Unerwartete endlich zusammenfließt und das Süße und das Bittere sich vermischen.“ Mit Dichtern kann Pebble Beach allerdings auch aufwarten. Auf ihrer Website beschreiben sie den Golfplatz als „Paranthese von Fels und Ozean“, er sei „eines Golf-Fotografen Version von einem Supermodel“. Vor allem das 18. Loch sei „ein Gedicht in Gras“. Der irische Journalist Frank McNally vermutet, dass der Verfasser der Zeilen dieses Gras vorher geraucht habe.

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