: Razzien hinterm Zapfhahn
In Berliner Gaststätten werden offenbar viel mehr Schwarzarbeiter beschäftigt als auf den Baustellen Berlins. Ein Drittel der Überprüften hat keine gültigen Arbeitspapiere, einige haben auch keine Aufenthaltsgenehmigung
Landesarbeitsamt und Polizei haben binnen einem Monat zwei groß angelegte Razzien in zahlreichen Berliner Gaststätten durchgeführt. Das Ergebnis ist alarmierend: Rund ein Drittel der Beschäftigten hat zu Unrecht nebenher Arbeitlosen- oder Sozialhilfeleistungen bezogen oder wurde illegal beschäftigt. „Das ist eine sehr hohe Zahl“, sagte der Sprecher des Landesarbeitsamtes, Klaus Pohl, gestern. Für die Zukunft kündigte er verstärkte Kontrollen im Gaststättengewerbe an.
Die erste Razzia war am 11. Juli in den Bezirken Kreuzberg und Neukölln erfolgt. Überprüft wurden 241 Beschäftigte von Restaurants, Imbissen und Straßencafés, die tagsüber geöffnet haben. Am vergangenen Freitag, dem 3. August, rückten Polizei und Landesarbeitsamt in den Abend- und Nachtstunden zu einer weiteren konzertierten Aktion gegen Schwarzarbeit aus. Diesmal traf es 52 Restaurants und Bars in den Bezirken Reinickendorf, Wedding und Pankow. Überprüft wurden dabei 162 Arbeitnehmer.
Die Ergebnisse der beiden Razzien waren nahezu deckungsgleich. Ein Drittel der Beschäftigten kassierte nebenher noch Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe oder war illegal beschäftigt. Die genauen Zahlen im Überblick: Von den 241 in Neukölln und Kreuzberg Überprüften hatten 77 Beschäftigte neben ihrem Lohn auch noch Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe bekommen, 10 waren ohne Arbeitserlaubnis, 7 hatten keine Aufenthaltserlaubnis. 37 der 162 am vergangenen Freitag Überprüften hatten doppelt kassiert, 16 konnten keine Arbeitserlaubnis vorweisen, und 7 hatten keine Aufenthaltserlaubnis. Letzere sollen abgeschoben werden. Gegen die übrigen Beschäftigten und deren Arbeitgeber wurde Strafanzeige erstattet.
Das Ergebnis hat die Fahnder alarmiert. Dass ein Drittel der Beschäftigten in Berliner Gaststätten Schwarzarbeiter seien, so Pohl, „scheint offenbar die Regel zu sein“. Auf den Baustellen sei der Anteil wesentlich geringer. Für die Zukunft werde man sich bei den Kontrollen verstärkt auf die Restaurantbetriebe konzentieren. Die große Zahl der Schwarzarbeiter könne auch ein Erklärung dafür sein, dass die Arbeitslosigkeit im Gaststättengewerbe so angestiegen sei, meint Pohl. PLUTONIA PLARRE
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