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CSU wandert allein

Union streitet über Einwanderungsgesetz. CDU-Politiker Bosbach: „Kein Nein um des Neins willen.“ Ausländerbeauftragte Beck hält sich zurück

BERLIN taz ■ In der Union ist ein offener Streit um den richtigen Kurs in der Einwanderungspolitik ausgebrochen. CDU und CSU sind sich nicht einig, wie sie auf den Gesetzentwurf von Innenminister Otto Schily (SPD) reagieren sollen. Während mehrere CDU-Politiker ihre Bereitschaft zu einem Konsens betonten, kritisierte CSU-Generalsekretär Thomas Goppel die Kompromissbereitschaft der CDU.

Der CSU-Politiker Peter Ramsauer sagte, seine Partei lehne Schilys Konzept geschlossen ab. Wenn sich Schily mit seinem „Privatentwurf“ der Union scheinbar annähere, sei dies nur der Versuch, „uns in eine Konsensfalle hineinzulocken“.

Dagegen betonte der CDU-Politiker Horst Eylmann, die Gemeinsamkeiten zwischen Regierung und Opposition müsse jeder sehen, „den die Parteipolitik nicht mit Blindheit geschlagen hat“. Für den Chef der CDU-Sozialausschüsse, Hermann-Josef Arentz, macht es „keinen Sinn, aus wahltaktischen Gründen ein Problem nicht zu lösen, obwohl es gelöst werden könnte“. Auch CDU-Zuwanderungsexperte Peter Müller und NRW-CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers zeigten sich konsenswillig.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) versuchte, den Konflikt mit der CSU zu relativieren. Es würden nur „die Nuancen unterschiedlich gesetzt“, sagte Bosbach der taz. Entscheidend sei, „dass wir gemeinsam der Auffassung sind, dass der Entwurf in dieser Form nicht zustimmungsfähig ist“. So gebe es in dem Entwurf „keinen praxistauglichen Vorschlag für eine wirkliche Beschleunigung der Asylverfahren“. Außerdem müsse die Finanzierung der Integration geklärt werden. „Konsens um des Konsenses willen macht ebenso wenig Sinn wie Neinsagen um des Neinsagens willen.“

Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), wollte sich gestern noch nicht auf eine abschließende Bewertung des Gesetzentwurfs festlegen. Das geplante Einwanderungsgesetz markiere „einen großen Schritt“, weil es endlich anerkenne, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Viele Detailfragen seien allerdings noch genau zu prüfen. So dürfe die geplante Abschaffung der Duldung nicht dazu führen, dass Flüchtlinge leichter abgeschoben werden können. Auch der Familiennachzug sei noch „ein entscheidendes Problem“. Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers warf Schily vor, mit seinem Entwurf internationales Recht zu brechen. Die Herabsetzung des Nachzugsalters für Einwandererkinder von 16 auf 12 Jahre verstoße gegen die UN-Kinderkonvention. LUKAS WALLRAFF

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