: Familien sollen „stärker“ werden
■ Die evangelische Kirche will sich aus der Finanzierung der rechtlich garantierten Kita-Betreuungszeiten zurückziehen
Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) will den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz finanziell zukünftig nicht mehr mittragen. Der Kindergartenhaushalt werde nach Einführung des Kernzeit-Modells der Stadt entsprechend umgeschichtet, kündigte die Leiterin des Landesverbandes Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder, Ilse Wehrmann, zum heutigen Beginn des Kindergartenjahres an.
Der kirchliche Beitrag von 5,5 Millionen Mark für die Kindergartenarbeit (Gesamthaushalt: 45 Millionen) solle dann insbesondere in eine Ausweitung der Öffnungszeiten, in die gesunde Ernährung der Kinder sowie in soziale Brennpunkte fließen und auch die integrative Arbeit mit behinderten Kindern sichern. Auch an Hortplätze und Angebote für Kinder unter drei Jahren sei gedacht, betonte Wehrmann, der es besonders um die Stärkung von Familien geht.
Ein Beitrag dazu ist das Projekt Kids & Ko des Landesverbands, das ab sofort allen Bremer Eltern zur Verfügung steht – die professionelle Vermittlung von Babysittern, auch für behinderte Kinder (Kontakt: 346-1642 oder www.kiki-bremen.de). Überdies soll die Idee des „Kita-Hotels“ größere Verbreitung finden; auch an ein Kinderhaus für leicht erkrankte Kinder ist gedacht.
Wegen des perspektivischen Rückzugs der BEK aus der Finanzierung des Rechtsanspruchs muss nun über die Zuschüsse der Stadt für den Kindergartenhaushalt der Kirche neu verhandelt werden. Wehrmann schätzt, dass es dabei um bis zu drei Millionen Mark geht, die der Staat künftig zur Finanzierung der rechtlich garantierten Betreuungszeiten in den kirchlichen Kindergärten drauflegen muss.
Die BEK fordert unter anderem, dass sich der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz auf eine Betreuungszeit von mindestens fünf Stunden, bei Bedarf auf sechs Stunden bezieht. Wehrmann schloss sich der Forderung an, diese Kernzeit beitragsfrei anzubieten. Für darüber hinaus gehende Betreuungszeiten („Kernzeit plus“) müsse es ein Beitragssystem mit sozialer Staffelung geben. Die Qualität der Betreuung dürfe dabei nicht sinken; auch müsse die integrative Arbeit gewährleistet bleiben. Sorge bereiten der Verbandschefin auch Planungen, die Arbeit mit Behinderten über die Krankenkassen zu finanzieren. „Da steht viel auf dem Spiel“, so Wehrmann. Pädagogik und Therapie ließen sich nicht trennen.
Mit dem neuen Kindergartenjahr nehmen vier neue Einrichtungen in vier evangelischen Gemeinden ihre Arbeit auf. Neben einer neuen Kita in Borgfeld Ost sind drei ehemalige kirchliche Spielkreise dazugekommen, so dass die BEK künftig mit insgesamt 51 Kindertagesstätten im Rennen ist. Wie am Freitag bekannt wurde, handelt es sich bei den drei früheren Spielkreisen um jene Einrichtungen, die sich in einem Rechtsstreit mit der Stadt befunden hatten (taz berichtete). Sie setzten gerichtlich durch, künftig als Kindertagesstätte finanziert zu werden. Das Verwaltungsgericht hatte die dazu notwendigen Betriebserlaubnisse erteilt.
Mit den „Neuzugängen“ stellt die evangelische Kirche nun 3.834 Plätze in Bremen zur Verfügung – 195 mehr als im vergangenen Kindergartenjahr. Trotzdem mussten wieder 750 Jungen und Mädchen abgewiesen werden – Tendenz steigend. epd/hase
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