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Seit sieben Jahren im Bann des Völkermords

Hutu-Milizen waren 1994 Täter des Genozids in Ruanda. Dann flüchteten sie in die heutige Demokratische Republik Kongo und lösten dort den bis heute andauernden Konflikt aus. Dass sie auch Geschäfte mit ihren Feinden abwickeln, zeigt, wie sie Krieg zum Beruf gemacht haben

BERLIN taz ■ Die Aktivitäten der ruandischen Hutu-Milizen überschatten die Politik ganz Zentralafrikas seit sieben Jahren und haben Krieg und ethnischen Hass quer durch die Region getragen. „Interahamwe“ hieß die größte der Milizen. Radikale Tutsi-Hasser unter Ruandas Politikern rekrutierten sie Anfang der 90er-Jahre aus jungen Hutu, um die Macht allein in ihren Händen zu halten. Am Ende waren sie gemeinsam mit der damaligen ruandischen Armee die Haupttäter beim Völkermord von 1994, bei dem 800.000 Menschen, meist Angehörige der Tutsi-Minderheit, starben.

Der Versuch der radikalen Hutu, eine Machtteilung mit den Tutsi zu umgehen, indem sie alle Tutsi töteten, scheiterte. Denn die Tutsi-Guerilla RPF (Ruandische Patriotische Front) eroberte im Juli 1994 Ruandas Hauptstadt Kigali und regiert seitdem das Land. Armee und Milizen zogen sich daraufhin ins Nachbarland Zaire, die heutige Demokratische Republik Kongo, zurück. Mit ihnen gingen knapp 1,2 Millionen Hutu-Zivilisten. Sie lebten von Hilfsorganisationen versorgt in Flüchtlingslagern in Zaire und bereiteten dort die Rückeroberung Ruandas vor. Der kam im Oktober 1996 jedoch Ruandas RPF-Regierung zuvor, als sie in Zaire einmarschierte – offiziell zur Unterstützung einer gerade gegründeten Rebellion gegen Zaires Diktator Mobutu unter Führung Laurent Kabilas. Tatsächlich ging es aber darum, die Lager zu zerschlagen.

Von den 1.111.232 registrierten ruandischen Hutu-Flüchtlingen in diesen Lagern kehrten in den nächsten drei Monaten 726.164 nach Ruanda züruck. Den Rest – darunter die Milizionäre und ihre Familien – trieben Kabila-Truppen und ruandische Armee bei ihrem Vormarsch quer durch Zaire vor sich her. Tausende starben dabei, vor allem in eingekesselten Regenwaldgebieten südlich der Stadt Kisangani am Kongo-Fluss. Etwa 25.000 flohen in Zaires westlichen Nachbarstaat, die Republik Kongo. Aber von den 190.000 vermissten ruandischen Hutu, von denen Hilfsorganisationen damals in Zaire sprachen, sind mittlerweile fast alle wieder aufgetaucht – zumeist hatten sie sich im Land niedergelassen. Die Repatriierungsaktionen des UN-Flüchtlingshilfswerks gehen weiter. Ende 2000 waren noch 46.200 Ruander als Flüchtlinge in Laurent Kabilas Demokratischer Republik Kongo registriert.

Die im Kongo verbliebenen Milizen setzten nach 1997 ihren Krieg fort. Weil Kabila diese Hutu-Milizen nicht stark genug bekämpfte, kam es zum Bruch zwischen ihm und Ruanda: Die Regierung in Kigali initiierte 1998 eine neue Rebellion im Kongo, der daraus resultierende Krieg dauert bis heute an. Dabei kämpfen Hutu-Milizen auf Seiten der Regierung Kabila. Innerhalb des ostkongolesischen Rebellengebietes kontrollieren sie zahlreiche Bergbaugebiete. Die unter anderem von ihnen geförderte Erzmischung Colombo-Tantalit (Coltan) verkaufen sie paradoxerweise an die Verbündeten Ruandas: Damit werden die beiden ruandischen Kriegsparteien im Kongo zu Geschäftspartnern.

Seit einigen Monaten treten die Hutu-Milizen wieder verstärkt in Erscheinung. Tausende von ihnen, ausgerüstet mit neuen Waffen und neuen Geldscheinen, sind nach Ruanda eingerückt. Aber von etwa 4.000 Milizionären, die seit Juni die Grenze überschritten, hat Ruandas Armee nach eigenen Angaben etwa 1.800 getötet. Wer sich freiwillig ergibt, wird in „Solidaritätslagern“ politisch umgeschult und kann dann der ruandischen Armee beitreten. Mit einer Wiedereingliederung in die Gesellschaft hat das jedoch wenig zu tun. DOMINIC JOHNSON

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