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Schwarz vor Augen

CDU startet mit hoffnungsvollem Kandidat von Beust und seinem erfolglosen Vorgänger Perschau in den heißen Wahlkampf  ■ Von Sven-Michael Veit

Die CDU setzt alles auf Schwarz. Schwarze Politik, schwarze Zahlen, vor allem eine: 2001, die Zahl der Hoffnung, die Zahl des Wechsels. Der komme, sagt der Kandidat, die Stimmung in der Stadt sei so und er selbst in sechs Wochen Bürgermeister, „Unser Bürgermeister. Ole von Beust“. Dies ist die Verheißung, welche sein neues Wahlplakat ziert, dessen Prototyp seit gestern an der Ecke Rentzel- / Schröderstiftstraße klebt, am Eingang zum Schanzenpark.

Kein Bild des Kandidaten peppt die minimalistische Botschaft auf, die an 150 Stellen in der Stadt verbreitet werden soll, denn seine Wähler, glaubt der Kandidat, „sind intelligent, die verstehen“. Die 44 Zahlen auf dem Plakat, 43 rote Jahreszahlen seit 1957, seit die SPD ununterbrochen in Hamburg regiert eben, und dann in schwarz jene, auf welche die Hanse-Union und der Kandidat selbst alles setzen: 2001, die Zahl zur Wahl.

Wenn er es diesmal nicht schafft, im zweiten Anlauf, „dann war es das politisch für mich“, sagt von Beust, ein dritter Versuch komme nicht in Frage, aber die stelle sich auch nicht. Denn 2001, das sei die Zahl des Wechsels. Ob mit Schill oder der FDP oder mit beiden, das sehe man nach dem Wahlabend. Erstmal die SPD ablösen, die CDU zur stärksten Fraktion machen, und „dann gucken wir, welche Koalition rechnerisch möglich ist“, aber auch erst dann, „nicht jetzt“. Obwohl, nun ja, die FDP sei „schon eher die Wunschoption“, aber ob der Wechsel ohne den gnadenlosen Richter nicht zu richten sei, „das entscheiden die Wählerinnen und Wähler“.

Und die entscheiden sich, behauptet Hartmut Perschau, „für den Wettbewerb, für die Innovation, für die Vision“. Und in Hamburg wüss-ten sie nach 44 Jahren SPD, da sei er sicher, dass „schwarze Politik für schwarze Zahlen sorgt, rote Politik aber...“. Er muss nicht ausreden, die Lacher sind ihm gewiss im Festzelt „Grimmer“ auf dem Sommerdom.

Vor 50 Parteifreunden und Schaustellern spricht der Mann, der drei Mal als CDU-Spitzenkandidat in Hamburg verlor, gegen die SPD-Bürgermeister von Dohnanyi und Voscherau, aber das ist schon zehn Jahre und länger her. Jetzt ist er Finanzsenator und Zweiter Bürgermeister in Hamburgs kleiner Schwesterstadt Bremen. Und das auch noch in einer Großen Koalition mit einer SPD, die an der Weser noch länger regiert als die an der Elbe, aber dieses pikante Detail umschifft Perschau.

Und schimpft lieber, immer noch mit dieser schnarrenden Stimme des Majors a.D., über „Sozis, die den Stau organisieren und die Bürger bevormunden“, er spricht vom „Wettbewerb“, den die Union „will und sucht“, er mokiert sich über „diese ideologischen Bedenkenträger“ in Rot und Grün, die nie einen Blumentopf gewinnen würden und – Gottseidank in diesem Fall – „auch keine Wahl“.

Und er spricht über den einzigen falschen Rat, „den mein Schwiegervater mir immer geben wollte“, den er aber „nie beherzigt“ habe: „Jung“, hätte der immer gesagt, „Jung, nimm di nix vör, denn sleiht di nix fehl.“

Zum Beispiel beim Rechnen mit roten und mit schwarzen Zahlen.

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