: Abschiebehaft: Grüne und Böse im Clinch
■ Innenressort und Bündnis 90 legen Gesetzentwurf vor / Pro Jahr 300 Betroffene
Zwischen den Grünen und der Innenbehörde bahnt sich Krach um die Abschiebehaft an. Der designierte Innensenator Kuno Böse (CDU) will seinen Gesetzentwurf, der erstmals für Bremen die Situation von Abschiebehäftlingen regeln soll, nächste Woche in der Innendeputation vorlegen. Ende August soll die Regelung in der Bürgerschaft beraten werden.
Pro Jahr sitzen in Bremen rund 300 AusländerInnen im Durchschnitt 13 Tage lang ein, die sich trotz Bescheid der Innenbehörde widersetzt haben, das Land zu verlassen. Bislang wurden sie im Polizeipräsidium in der Vahr nach den Regeln des Polizeigewahrsams behandelt – etwa wie Trunkenbolde oder Hooligans.
Während Böse mit dem Gesetz jetzt erstmals ihre „Rechte und Pflichten“ festlegen will, betont der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Matthias Güldner: „Das wichtigste ist doch, Abschiebehaft zu vermeiden.“ Bei Ausländern, deren Meldeadresse bekannt sei, könne man häufig auf das Einsitzen verzichten. „Oft reicht es, wenn die Betroffenen einfach einmal pro Woche bei der Behörde antanzen, bis der Abschiebungstermin fest steht,“ meint Güldner. So will der grüne Innenpolitiker die Zahl der Abschiebehäftlinge um die Hälfte reduzieren.
Böses Entwurf sieht vor, Abschiebehäftlinge fast wie einsitzende Straftäter zu behandeln. Markus Beyer, Sprecher der Innenbehörde, sagt: „Natürlich haben die Betroffenen keinen Freigang, wenn die Gefahr besteht, dass sie sich der freiwilligen Ausreise entziehen wollen“. Allerdings ist jetzt immerhin die Betreuung der Häftlinge durch Sozialarbeiter vorgesehen.
Das dürfte den Grünen nicht weit genug gehen. Güldner: „Es darf nicht sein, dass die Abschiebehäftlinge ,schlechter' gestellt sind als Personen, die tatsächlich eine Straftat begangen haben.“ Deshalb fordert er in einem eigenen Entwurf gesetzlich verbriefte Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten für die Häftlinge im Knast – im fünfseitigen Entwurf von Böse ist das nicht vorgesehen.
Auch beim einzubuchtenden Personenkreis sind sich Grüne und Böse uneins: Während die Grünen für Frauen mit Kleinkindern keine Abschiebehaft vorsehen, will das Innenressort auch diese einsitzen lassen. ksc
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