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Wasserstadt Wilhelmsburg

Viele BewohnerInnen der Elbinsel befürchten, dass die Hafenquerspange die Zukunft nicht nur ihres Stadtteils verbauen würde  ■ Von Gernot Knödler

Wenn Manuel Humburg für Verständnis um Wilhelmsburg wirbt, zieht er einen Stadtplan aus der Tasche. An dessen oberem Ende ist der Hamburger Hafenrand zu sehen, am unteren Harburg. Will sagen: Wilhelmsburg liegt im Herzen des Stadtstaates; es hält seinen nördlichen und südlichen Teil zusammen, seine Potenziale werden unterschätzt. Aus Sicht Humburgs und seiner MitstreiterInnen darf es deshalb auf keinen Fall passieren, dass der Senat die Entwicklung der Innenstadt nach Süden durch eine innerstädtische Autobahn, die Hafenquerspange, verbaut.

Der Arzt engagiert sich wie viele andere schon seit langem für seinen problembeladenen Stadtteil. Zurzeit ist dieses Engagement besonders nötig, aber auch besonders chancenreich: Der Senat hat sich mit Wilhelmsburg und der Veddel für die Internationale Gartenbauausstellung (Iga) 2013 beworben, die CDU hat eine neue Elbbrücke von der Hafencity Richtung Wilhelmsburg vorgeschlagen, und am Mittwoch hat die Handelskammer den Senat zur Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012 gedrängt. All das könnte die übrige Stadt schneller an die Elbinsel heranrücken lassen, als es bisher zu erwarten war.

In die konkrete Debatte um eine nachhaltige Entwicklung ihres Stadtteils stiegen die WilhelmsburgerInnen im Mai bei einer Zukunftskonferenz ein. Sieben Arbeitsgruppen von Arbeit bis Zusammenleben verfeinern deren Ergebnisse. Um einen Überblick zu gewähren, veranstaltete die Volkshochschule eine Diskussionsreihe mit dem Stadtplaner Fred Niemann, die am Donnerstag zu Ende ging.

Konsens scheint derzeit beim Thema Hafenquerspange zu herrschen: So wie sie geplant ist, auf Stelzen über den Spreehafen und mit Anschluss an die Wilhelmsburger Reichsstraße, dürfe sie nicht kommen. „Eine Autobahn durchs Olympische Dorf ist nicht güns-tig“, spitzte es Humburg zu. Allenfalls ein Tunnel unter dem Hafenbecken sei denkbar, doch der wäre so teuer wie die gesamte Querspange.

Im Spreehafen, ebenso wie in den Hafenbecken auf dem Kleinen Grasbrook, sehen die planenden Wilhelmsburger eine große Chance, ihren Stadtteil städtebaulich mit der City zu koppeln – eine logische Verbindung zwischen der erträumten „Wasserstadt Wilhelmsburg“ mit der maritimen Hafencity. „Ich fordere, dass hier Siedlungsstrukturen entstehen, die sich intensiv mit dem Wasser auseinandersetzen“, sagte Niemann. Dabei müss-ten „Landschaftsbildensembles“ wie der Reiherstieg, der Wilhelmsburger Osten oder die Einfamilienhäuser Kirchdorfs erhalten werden. Zumindest der Reiherstieg taucht auch in dem Gutachten des Senats zur Stadtgestalt als mögliche Entwicklungsachse auf.

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